Zum Auftakt der Sparklausur des Senats hat Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gestern die künftige Bundesregierung scharf kritisiert.
"Wir werden uns genau angucken, was die Koalition in Berlin beschlossen hat. Wovon ich nichts halte, sind Verträge zulasten Dritter", sagte Beust mit Blick auf die Steuersenkungspläne von CDU und FDP, die allein die Länder mit etwa 16 Milliarden Euro belasten könnten. Er sei gegen "Wohltaten, die andere, in diesem Fall die Länder, finanzieren", sagte der Bürgermeister und kündigte Widerstand an: "Wir werden mit den anderen Ländern sprechen müssen, wie wir uns im Bundesrat verhalten." Auch mögliche Kompensationen könnten ein Thema sein.
Was der Koalitionsvertrag für Hamburg bedeute, werde von der Finanzbehörde noch errechnet. "Aber es werden relativ große Summen sein", so Beust. Darum sei das "noch nicht alles gegessen". Aufgrund dieser Unwägbarkeiten und der Tatsache, dass die November-Steuerschätzung noch nicht vorliegt, hatte der Senat schon im Vorfeld der Klausur mitgeteilt, dass heute noch keine Ergebnisse verkündet werden. "Wir wollen einen einheitlichen Beschluss und nicht Stückwerk verabschieden", sagte Beust. Endgültige Beschlüsse werde es nicht vor Mitte November geben.
Bekannt sind folgende Fakten: Bis 2014 wird die Stadt infolge der Wirtschaftskrise rund sechs Milliarden Euro weniger Steuern einnehmen als geplant. Das Loch wird durch neue Kredite gefüllt, die Zinsen dafür - etwa 100 Millionen Euro pro Jahr - sollen im Haushalt eingespart werden, ebenso wie die Verluste öffentlicher Unternehmen in gleicher Höhe. Hinzu kommen höhere Ausgaben für Sozialleistungen, die dem Bürgermeister zufolge insgesamt mit 700 Millionen Euro zu Buche schlagen. Auch sie sollen nach Abendblatt-Informationen durch Einsparungen und nicht über Kredite gedeckt werden. Bevor Senatoren, Staatsräte und die Spitzen der Fraktionen gestern im Bürgermeistersaal des Rathauses ihre Beratungen begannen, sprach Beust daher von einer "Herkulesaufgabe".
Im Vorfeld der Klausur hatte CDU-Finanzexperte Rüdiger Kruse dafür plädiert, mittelfristig zehn Prozent der etwa 75 000 städtischen Angestellten abzubauen. In der gestrigen Sitzung ging es aber zunächst darum, wie kurzfristig gespart werden kann. Dazu stellten die Behörden ihre Kürzungsvorschläge vor, die diskutiert, aber noch nicht verabschiedet wurden. Die Stimmung sei "professionell" gewesen, sagte ein Teilnehmer dem Abendblatt nach Ende der Klausur gegen 16.30 Uhr. "Das macht keiner gern, aber allen ist klar, dass es keine Alternative gibt." Heute wird von 9 Uhr an weiter verhandelt.
SPD-Fraktionschef Michael Neumann bezifferte die Mindereinnahmen für Hamburg durch die schwarz-gelben Steuerpläne auf "mindestens 400 Millionen Euro im Jahr", bis 2013 summiere sich das auf bis zu 1,5 Milliarden Euro. "Das bedeutet noch mehr Schulden und noch mehr Schattenhaushalt", sagte Neumann. Auch die Verschiebung der Sparbeschlüsse kritisierte er: "Ich bin sicher, dass der Senat auch nach der November-Steuerschätzung auf die nächste Mai-Steuerschätzung verweisen wird."