Das Verschwinden des Frachters „Arctic Sea“ hat Qualitäten eines Polit-Thrillers: Ständig gibt es neue Meldungen, die sich widersprechen.

Moskau. Der vor zweieinhalb Wochen verschwundene finnische Frachter „Arctic Sea“ mit 15 russischen Seeleuten an Bord soll angeblich erstmals wieder ein kurzes Positionssignal gesendet haben. Das Schiff mit einer Geschwindigkeit von umgerechnet etwa 19 Stundenkilometern sei am Sonnabend gegen 10.30 Uhr (MESZ) vor der westfranzösischen Hafenstadt La Rochelle geortet worden. Das meldeten Agenturen in Moskau unter Berufung auf den russischen Informationsdienst „Sowfracht Maritime Bulletin“ am Sonnabend.

Eine offizielle Bestätigung für die Position des Schiffes im Golf von Biskaya gab es zunächst nicht. Das Signal sei nach kurzer Zeit erloschen, hieß es in Moskau. Der finnische Reeder des Schiffes dementierte am Sonnabend jedoch den Bericht, wonach das Schiff am Vormittag ein kurzes Positionssignal gesendet haben soll.

Die Geschichte der „Arctic Sea“ erinnert mittlerweile an die Sage vom geisterhaften Segelschiff „Fliegender Holländer“, das der auf den Weltmeeren herumirren soll: Die Regierung Kap Verdes hatte am Freitagabend noch mitgeteilt, dass die „Arctic Sea“ rund 400 Seemeilen (720 Kilometer) nördlich des Inselstaates vor der westafrikanischen Küste gesichtet worden sei.

Dies habe sich aber nicht bestätigt, sagte der russische Botschafter in Praia auf den Kapverden, Alexander Karpuschin, später. Zuvor hatte bereits ein ranghoher Militärsprecher in Brüssel der russischen Agentur Itar-Tass gesagt, dass man wisse, wo sich die „Artic Sea“ befinde: „Das Schiff ist nicht gesunken. Seine Position ist bekannt, wird aber aus taktischen Gründen nicht bekanntgegeben.“

Den Grund für die Geheimhaltung nannte der Sprecher nicht. Der russische NATO-Botschafter Dmitri Rogosin betonte, man könne keine Details mitteilen. „Die Situation ist dramatisch genug, da darf man nichts vorzeitig mitteilen“, sagte der Diplomat ohne weitere Einzelheiten dem Moskauer Radiosender Echo Moskwy. Russland und die NATO stünden im Fall der „Arctic Sea“ in „engem Kontakt“.

Das Schiff sollte Holz im Wert von über einer Million Euro von Finnland nach Algerien bringen. Der Vizechef der russischen Seefahrergewerkschaft, Sergej Portenko, sagte der Moskauer Boulevardzeitung „Moskowski Komsomolez“: „Ich gehe davon aus, dass die Behörden längst wissen, wo das Schiff ist.“ Nach seiner Vermutung soll vertuscht werden, dass die „Arctic Sea“ Waffen für Afrika geladen hatte.

Den letzten offiziellen Funkkontakt hatte die britische Küstenwache in Dover am 28. Juli; am 30. Juli wurde ein letztes automatisches Funksignal geortet.