Polizei äußerte sich auch gestern nicht zu Observationen im Schanzenviertel. GAL will CDU zu Gesprächen bitten.
Hamburg. "Achtung Polizeikamera!" Unübersehbar sind derzeit Hinweise der sogenannten "Antirepressiongruppe" im Schanzenviertel verteilt. An Häuserwänden prangen leuchtend rote Flyer - überall dort, wo vermutet wird, dass die Polizei Videokameras installiert hat. Wie das Abendblatt gestern berichtete, sorgt derzeit eine Überwachungsaktion der Polizei für Unruhe im Schanzenviertel. Sie hat neben der SPD, die heute eine entsprechende Anfrage an den Senat stellen will, auch die GAL und die Hamburger Datenschützer aufhorchen lassen. Vertreter der Parteien und der Behörde wollen die Innenbehörde auffordern, Stellung zu nehmen.
In den vergangenen Wochen hat die Polizei nach Abendblatt-Informationen mehrfach Bewohner und Gewerbetreibende mit dem Ziel angesprochen, in ihren Räumen Kameras installieren zu lassen - an festen Standorten und über eine längere Zeit. Mit den Aufzeichnungen soll die Serie von Sachbeschädigungen gegen neue Läden im Schanzenviertel aufgeklärt werden. Observiert würden nur einzelne Läden und nicht das gesamte Schanzenviertel, heißt es. Genau das befürchten jedoch die Schanzenbewohner. Der Polizei gehe es weniger um die Aufklärung von Straftaten als um die Überwachung des Viertels.
Das befürchtet auch SPD-Innenexperte Andreas Dressel. Die Polizei habe sich bemüht, "in Privatwohnungen im Schanzenviertel Kameras zu installieren, mit denen der öffentliche Straßenraum gefilmt werden soll", leitet er seine Senatsanfrage ein. Er will klären lassen, wie viele Videokameras derzeit im Einsatz sind, wann die Aufzeichnungen laufen und auf welchen rechtlichen Grundlagen die Polizeiüberwachung aufbaut. Es geht um die Frage, wo polizeiliche Ermittlungsarbeit aufhört und die Überwachung des öffentlichen Raumes beginnt. Die nämlich findet ihre strengen Vorgaben im Polizeigesetz und nicht in der Strafprozessordnung und muss öffentlich gekennzeichnet werden. Entsprechend will sich der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar erkundigen, um welche Überwachungsmaßnahmen es genau geht. "Wir haben die Polizei gebeten, uns mitzuteilen, was sie bislang dort durchgeführt hat und was sie noch plant", sagte Caspar dem Hamburger Abendblatt. "Erst dann können wir den Vorgang auch richtig beurteilen." Eine Vorab-Information der Datenschützer durch die Polizei habe es nicht gegeben.
Auch die GAL-Innenexpertin Antje Möller hat eigenen Angaben zufolge erst aus den Medien von der Polizeiaktion erfahren. "Ich kann noch nicht viel dazu sagen", sagte Möller dem Abendblatt. Allerdings erschließe sich ihr aus den Informationen, die sie habe, nicht, dass es sich bei der Polizeiaktion um "normale Vorgänge" handle. Sie wolle den Koalitionspartner CDU in dieser Woche zu Gesprächen bitten, in denen der Fall geklärt werden soll.
Die Polizei selbst äußerte sich auch am Montag nicht zu den Observationen. Sprecher Ralf Meyer versicherte jedoch, dass Videobänder aus der Ermittlungsarbeit, auf denen keine Straftaten aufgezeichnet wurden, auch nicht gesichtet würden.