Der Parteivorsitzende über die Krise in Eimsbüttel, seinen Ärger mit den Hamburger Grünen und Bündnisse mit den Linken.

Abendblatt:

Herr Egloff, zum Abschluss des Jahres geriet die SPD durch die Abwahl von Niels Annen und die Wahl von Danial Ilkhanipour zum Bundestagskandidaten für die SPD-Eimsbüttel noch einmal in eine große interne Krise. Ihnen ist in diesem Zusammenhang Führungsschwäche vorgeworfen worden, weil Sie kein Machtwort gesprochen haben.

Egloff:

Wenn ein Machtwort dazu führt, dass die Diskussion beendet ist, könnte das richtig sein. Die Situation in Eimsbüttel ist aber so verhakt gewesen, dass ein Machtwort die Diskussion nicht beendet hätte. Deshalb habe ich versucht, eine Einigung herbeizuführen. Das war nicht möglich.



Abendblatt:

Ist die Diskussion denn jetzt beendet oder gibt es weiter die Idee, Niels Annen als Kandidaten einzusetzen?

Egloff:

Es gibt einen gewählten Kandidaten. Wenn sich der Kreis zu keinem anderen Kandidaten durchringen kann, wird man das irgendwann akzeptieren müssen.



Abendblatt:

Irgendwann? Ist dieser Zeitpunkt nicht längst überschritten?

Egloff:

Wir werden keine unendliche Geschichte daraus machen.



Abendblatt:

Wie bewerten Sie das ablaufende Jahr für die SPD in Hamburg?

Egloff:

Durchwachsen. Die Partei hat einen Super-Wahlkampf hingelegt mit Michael Naumann. Dass wir nicht besser abgeschnitten haben, ist zum Teil nicht auf uns, sondern auch auf äußere Einflüsse zurückzuführen. Insgesamt hat sich die SPD in der Opposition ganz gut aufgestellt. Natürlich ist so was wie in Eimsbüttel oder die Diskussion über die Stimmzettel-Affäre nicht schön, weil man da den Gegner aus dem Blick verliert und sich nur mit dem eigenen Laden beschäftigt.



Abendblatt:

Wie wollen Sie das ändern? Der Senat bietet ja genug Angriffsfläche...

Egloff:

Im Jahr 2009 müssen wir zum Angriff übergehen. Der Senat hat uns mit der Elbphilharmonie, der HSH-Nordbank, Möbel-Höffner und seinem Verhalten zu Moorburg so viele Vorlagen gegeben. Wir müssen 2009 deutlich machen, welche Fehler der Senat gemacht hat. In Fragen der Schulpolitik muss man erst mal sehen, was rauskommt. Da hat der Senat zwar große Pläne, die Umsetzung wird aber das Problem sein. Das Ergebnis wird man erst in 2009/2010 sehen.



Abendblatt:

Sind Sie enttäuscht von ihrem ehemaligen Koalitionspartner, jetzt wo die Grünen in vielen Dingen die Position der CDU übernommen haben?

Egloff:

Enttäuscht bin ich davon, dass die Grünen die Koalition oft über Gebühr verteidigen. Und das sogar bei Dingen, die sie gar nicht zu verantworten haben, sondern der ehemalige CDU-Senat.



Abendblatt:

Gehen die Grünen zu sehr auf in ihrer Rolle als CDU-Koalitionspartner?

Egloff:

Das Gefühl kann man haben, ja.



Abendblatt:

Das Thema Elbphilharmonie löst Diskussionen aus. Bereuen Sie das halbherzige Ja der SPD? Hätten Sie nicht klarer Nein sagen müssen?

Egloff:

Sicherlich ist es eine große Chance für die Stadt, wenn die Elbphilharmonie realisiert wird. Was mich im Nachhinein ärgert, ist, dass der Senat uns nicht die Wahrheit gesagt hat, als es damals zur Abstimmung kam. Vielleicht haben wir auch nicht intensiv genug nachgefragt an der Stelle. Jetzt wird der Bau annähernd doppelt so teuer wie angekündigt. Und der versprochene Festpreis stellt sich als nicht ganz so fest heraus.



Abendblatt:

Sie werfen dem Senat also vor, dass er sie belogen hat?

Egloff:

Man hätte bestimmte Dinge vorher sehen können. Wenn man sie nicht gesehen hat, hat man sich nicht ordnungsgemäß mit dem Projekt befasst. Die Aussage, dass jetzt in die Aufsichtsgremien Sachverstand eingezogen sei, finde ich komisch. Ich muss daraus schließen, dass Staatsrat Volkmar Schön, der vorher Vorsitzender des Aufsichtsrates war, diesen Sachverstand nicht gehabt hat. Das fällt direkt auf den Bürgermeister zurück.



Abendblatt:

Sollte es personelle Konsequenzen geben?

Egloff:

Ich finde, dass Staatsrat Schön seine Funktion als Aufsichtsrat nicht ordnungsgemäß ausgeführt hat. Das Bauernopfer das mit der Entlassung des Regechefs Hartmut Wegener gebracht worden ist, reicht nicht aus.



Abendblatt:

Volkmar Schön sollte gehen?

Egloff:

Wenn man die Maßstäbe anlegt, die die CDU früher an unsere Regierungspolitik angelegt hat, müsste man diese Konsequenz ziehen, ja.



Abendblatt:

Die Schulpolitik ist eine weitere offene Flanke der Regierungskoalition. Aber die SPD kann zurzeit nicht punkten ...

Egloff:

Wir haben eine ziemlich klare Linie. Wir setzen darauf, dass man die Schule von innen her verändert. Jetzt wird auf vier Reformen eine fünfte draufgesetzt. Es ist überhaupt nicht klar, wo es hingehen soll. Der Bürgermeister redet von der Langform des Gymnasiums, während Frau Goetsch sagt, sie will das nicht. Die Praxis wird zeigen, dass dieser Senat erhebliche Probleme in der Schulpolitik hat. Das ist die Chance der Opposition zu punkten.



Abendblatt:

SPD-Chef Franz Müntefering hat grünes Licht für die Öffnung zur Linken gegeben. Eine Option auch für Hamburg?

Egloff:

Wir haben im Vorfeld der Wahl 2008 gesagt: Wir arbeiten mit der Linkspartei nicht zusammen und haben das auch eingehalten. Das heißt aber nicht, dass wir uns auf ewig alle Optionen verbauen. Es muss sich zeigen, ob die Linkspartei in den westdeutschen Landesparlamenten zu einer dauerhaften Erscheinung wird. Dann wird sich auch die SPD ihre Machtoptionen ansehen. Wir dürfen uns nicht von der CDU einreden lassen, dass wir entweder Partner einer großen Koalition oder zur Opposition verdammt sind. Es hängt auch davon ab, wie sich die FDP verhält, ob sie bereit ist, mit uns zu koalieren. Bewegt sie sich nicht, wird man an den Linken nicht vorbeikommen.



Abendblatt:

2009 ist Wahljahr. Auch auf Bundesebene stellt sich die Frage der Zusammenarbeit mit der Linkspartei ...

Egloff:

Der präferierte Koalitionspartner sind die Grünen. Wir halten auf der Bundesebene auch eine Zusammenarbeit mit der FDP nicht für ausgeschlossen, zusätzlich zu den Grünen. Die Linkspartei hat sich auf Bundesebene selber ins Abseits gestellt.



Abendblatt:

Wie müsste sich die Linkspartei in Hamburg verändern, damit sie ein Partner werden könnte?

Egloff:

Die Linkspartei hat sich in der Bürgerschaft in Teilen als durchaus kompetent herausgestellt. Eine Zusammenarbeit kommt aber nur in Betracht, wenn man insgesamt das Gefühl hat, dass diese Partei ein verlässlicher Partner ist.



Abendblatt:

Sie selbst wollen nach Berlin gehen und trotzdem Landeschef bleiben. Braucht nicht aber gerade die Hamburger SPD eine starke Führung vor Ort?

Egloff:

Da sehe ich gar kein Problem. Man kann als Abgeordneter in Berlin auch in Hamburg präsent sein. Hamburg ist aus Berlin in 90 Minuten zu erreichen.



Abendblatt:

Der Jahreswechsel steht vor der Tür. Neues Jahr, neue Chance. Wird das Jahr 2009 das Jahr der SPD in Hamburg und wie soll das aussehen?

Egloff:

Ich wünsche mir, dass die Partei aufhört, sich immer nur mit sich selbst zu beschäftigen, sondern den politischen Gegner ins Visier nimmt. Der bietet genug Angriffspunkte. Dann haben wir zwei Wahlkämpfe vor uns, die wir erfolgreich bestehen wollen. Bei der Europawahl ist mein Ziel, dass wir deutlich zulegen und unseren Kandidaten Knut Fleckenstein ins Parlament bringen. Bei der Bundestagswahl ist nach wie vor unser Ziel, alle sechs Wahlkreise zu gewinnen.