Altonas SPD-Vorstand Serkan Bicen will von Polizisten misshandelt worden sein. Die erheben nun ihrerseits schwere Vorwürfe. Hier geht’s zur Bildergalerie.
Der Fall des Altonaer SPD-Vorstands Serkan Bicen (21), der behauptet, wegen seines südländischen Aussehens von Polizisten misshandelt worden zu sein (wir berichteten), erscheint in neuem Licht.
Die beiden beteiligten Streifenwagenbesatzungen erheben ihrerseits schwere Vorwürfe: Gegen den Bezirkspolitiker wird mittlerweile wegen Beleidigung und Widerstands ermittelt. Die Darstellungen der Beamten, die inzwischen der Dienststelle Interne Ermittlungen (DIE) der Innenbehörde vorliegen, beschreiben den Vorfall so:
Zunächst waren zwei Polizisten - ein Mann und eine Frau - am Sonnabend, 6. Dezember, kurz nach ein Uhr wegen einer Ruhestörung zur Locco-Bar an der Juliusstraße im Schanzenviertel gerufen worden. Als sie aus ihrem Streifenwagen ausstiegen, soll Serkan Bicen sofort "Scheißbullen" gerufen haben. Die Polizisten gingen daraufhin zu Bicen, der gegenüber der Bar stand, und forderten ihn - im Zuge der Eigensicherung - auf, seine Hände aus den Hosentaschen zu nehmen. Die Beamten befürchteten, dass er "gefährliche Gegenstände" bei sich haben könnte. Bicen soll sich geweigert und weggedreht haben. Außerdem habe er gesagt, telefonieren zu wollen. Daraufhin soll einer der Beamten versucht haben, Bicens Hände zu packen. Der SPD-Mann soll sich allerdings dagegengestemmt und dann versucht haben, sich loszureißen. Offenbar wehrte er sich heftig gegen die Festnahme. Im Verlauf soll der 21-Jährige durch einen Polizeigriff am Kopf getroffen worden sein - kurze Zeit später wurde er auf dem Boden liegend mit Handschellen fixiert. Dabei seien Besucher aus der Locco-Bar zu den Polizisten gekommen und hätten sie bedrängt, Bicen wieder freizulassen. Die Beamten forderten jetzt Verstärkung über Funk an.
Bicen "schrie während der ganzen Zeit Beleidigungen gegen die Beamten", heißt es im Polizeibericht. Während der SPD-Politiker zum Streifenwagen geführt wurde, soll er dann zunächst sexuelle Beleidigungen gegen die Mütter der Polizisten ausgesprochen und immer wieder "Scheißstaat" geschrien haben. Anschließend soll Bicen im Streifenwagen, mit dem er zur Personalienfeststellung an das Polizeirevier 16 gebracht wurde, randaliert haben.
In einem Zusatzbericht, der dem DIE von einem der Beamten vorliegt, heißt es: Der SPD-Politiker habe in der Garage "Du Scheiß-Nazi, ich sehe dich wieder, und dann bist du dran" gesagt.
In der Wache an der Lerchenstraße soll sich Bicen dann ohne Aufforderung nackt ausgezogen und den Beamten seine Kleidung vor die Füße geworfen haben. Obwohl sein Gesicht durch die Rangelei bei der Festnahme gerötet gewesen sei, habe er die Behandlung durch eine Rettungswagen-Besatzung abgelehnt. Nach der Personalienfeststellung sei Bicen wieder entlassen worden.
Der Jungpolitiker selbst bleibt im Gespräch mit dem Abendblatt bei seiner Darstellung. "Ich habe zwei Dinge versucht: aufzuklären und zu deeskalieren", sagt Bicen. "Solche Ausfälle hat es nicht gegeben." Möglich sei allerdings, dass es Beleidigungen gegen die Beamten aus der vor der Bar versammelten Gruppe gegeben habe. "Wenn ich kein gutes Gewissen bei der Geschichte hätte, wäre ich nicht an die Presse herangetreten", so Bicen. Entgegen anderen Medienberichten hat sich der Polizei noch immer kein Zeuge der nächtlichen Auseinandersetzung zur Verfügung gestellt.
Längst hat der Fall auch eine politische Dimension erreicht: Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Bülent Ciftlik hat eine Kleine Anfrage zu den Vorfällen an den Senat gestellt.