Der Osten brillierte im PISA-Test. Allen voran steht Sachsen. Was ist der Grund für das gute Abschneiden? Kann Hamburg von Sachsen lernen? Im Interview mit Abendblatt.de gibt der sächsische Kultusminister Roland Wöller Antwort auf diese und mehr Fragen.

Hamburg. 1. Herr Minister, hat Sie der Spitzenplatz beim PISA-Test überrascht?

Wir sind davon ausgegangen, dass wir wieder in der Spitzengruppe zu finden sind. Bei der aktuellen Studie waren die Naturwissenschaften Schwerpunkt und diese haben in Sachsen ja eine besondere Tradition. Dass wir in allen drei Teilbereichen auch in Mathematik und Lesen im deutschen Vergleich erste Plätze belegt haben, hat uns überrascht und sehr gefreut. Wir sind stolz auf das Erreichte.

2. Was ist aus Ihrer Sicht der Hauptgrund für das gute Abschneiden sächsischer Schüler?

Es hat mehrere Gründe. Zum einen haben wir in Sachsen seit Anfang der neunziger Jahre verlässliche Rahmenbedingungen. Das zweigliedrige, transparente Schulsystem bestehend aus Mittelschule und Gymnasium - hat sich bewährt. Die Mittelschule ist durchlässig, das heißt, man kann danach auf dem beruflichen Gymnasium noch das Abitur ablegen. Das tun bei uns übrigens 13 Prozent der Mittelschüler. Vor allem haben aber unsere Lehrer einen maßgeblichen Anteil an den Ergebnissen. Trotz schwieriger Bedingungen Schülerrückgang und massive Schulschließungen in den vergangenen Jahren haben sie hervorragende Arbeit geleistet. Betonen möchte ich, dass wir auch im Durchschnitt relativ kleine Klassengrößen haben. So sind im Durchschnitt in den Grundschulen nur 20 Schüler. Obwohl sich die Zahl der Schüler in den letzten Jahren halbiert hat, haben wir die Lehrerzahlen nicht zu gleichen Teilen gekürzt. Das kommt uns jetzt zu Gute und zahlt sich aus, unter anderem bei PISA. Noch ein Wort dazu, dass wir bei den Naturwissenschaften auch international nämlich Platz 2 hinter Finnland - so gut sind. Sachsen ist seit jeher "ein Land der Ingenieure". Diese Tradition Schwerpunktlegung auf Naturwissenschaften - haben wir kontinuierlich fortgeführt. So sind rund ein Drittel der Stunden in allen Schularten mit naturwissenschaftlichen Fächern belegt. In der Oberstufe des Gymnasiums haben wir noch eins draufgelegt: Drei Naturwissenschaften - Physik, Chemie und Biologie sind seit diesem Schuljahr bis zum Abitur verpflichtend, d.h. sie dürfen nicht abgewählt werden.

3. Welche Rolle spielt die Schulstruktur aus Grund-, Mittelschulen und Gymnasien beim Testergebnis?

Wir haben von Anfang an einen eigenen, sächsischen Weg gewählt. Die Mittelschule vereint unter einem Dach den Hauptschul- und den Realschulgang. Ziel ist es, möglichst viele in einen mittleren Bildungsabschluss zu führen. Über 50 Prozent eines Schülerjahrganges schaffen diesen bei uns der Prozentsatz ist damit so hoch wie in kaum einem anderen Bundesland. Damit kommen wir auch den Forderungen nach, dass im Bildungssystem jeder zählt. Denn Bildungschancen sind Lebenschancen.

4. Was können andere Länder in der Schulpolitik von Sachsen lernen?

Es steht mir nicht zu, anderen Ratschläge zu geben. Ich weiß, dass sich alle Bundesländer um die Verbesserung der Bildungsqualität bemühen. Deshalb konnte sich Deutschland ja auch insgesamt verbessern. Jedes Bundesland muss aber letztlich seinen eigenen Weg gehen und selbst entscheiden, welche Strukturen zur einer optimalen Qualität im Bildungswesen führen. Im Gegenteil zur Leistungsprüfung im Unterricht ist hier aber abgucken und abschreiben durchaus erlaubt, denn das Rad muss nicht zweimal erfunden werden.