Der TV-Moderator traf die Frau des Altbundeskanzlers 20-mal in ihrem Haus in Langenhorn - bei Ingwerstäbchen und Vollkornhäppchen. Heute wird das neue Buch vorgestellt.
Dieser eine Satz war für Loki Schmidt (89) schon als Kind das Schönste: "Erzähl doch mal von früher." Und so lief sie hinter ihrem Vater her, der als Matrose auf einem Kriegsschiff bis nach Afrika gefahren war, und ließ sich von bunten Märkten und fremden Kulturen erzählen. Oder sie setzte sich zu ihrer Großmutter, die so herrlich aus Goethes "Faust" zitieren konnte. Und zu ihrer Mutter, der Schneiderin Gertrud Glaser. Die berichtete von Zeppelinen und der Erfindung des Autos.
Nun erzählt Loki Schmidt ihr eigenes Leben - ganz persönlich. Fernsehmoderator Reinhold Beckmann (52) traf sich deshalb mit ihr zu 20 Einzelgesprächen in ihrem Haus in Langenhorn. Ihm gab die Frau von Altbundeskanzler Helmut Schmidt (89) Auskunft über ihr Leben - mit allen persönlichen Prüfungen und Hindernissen. Ein Leben, das auch ein ganzes Jahrhundert Zeitgeschichte widerspiegelt. Morgen erscheint "Erzähl doch mal von früher - Loki Schmidt im Gespräch mit Reinhold Beckmann" im Buchhandel (siehe Kasten).
"Wir haben uns immer morgens um 11 Uhr für zwei Stunden getroffen. Hanseatische Pünktlichkeit ist Loki Schmidt wichtig. Bei den ersten Begegnungen gab es Vollkornhäppchen mit Käse. Schnell fand ich aber heraus, dass Loki Schmidt alles mit Ingwer liebt - Kekse, Schokoplätzchen, gezuckerte Stäbchen. Daher habe ich später quasi eine Überdosis an Ingwer mitgebracht, durch die wir uns in unseren Gesprächen durchgefuttert haben", erzählt Reinhold Beckmann. Der in der Nähe von Bremen, auf dem Land geborene Moderator, kennt Loki Schmidt bereits seit einigen Jahren. Sie war mehrfach zu Gast in seiner Talkshow. Und - zweimal im Jahr lädt Reinhold Beckmann Loki Schmidt zum Essen ein, zeigt ihr auch die etwas anderen Restaurants in St. Georg oder jene mit Blick auf Alster und Elbe. "Da ist schon eine große Liebe zwischen uns. Ihr Empfang an der Haustür war immer herzlich. Während Loki Kaffee trank und ich Tee, rauchte sie ihre Zigaretten. Ein leidenschaftliches Verhältnis zum Passivrauchen konnte dem Gespräch also nicht schaden", sagt Beckmann und fügt hinzu: "Im Hause Schmidt hängt der Himmel wie in alten, verqualmten Tagen noch voll mit blauem Dunst. An diesem Ort empfand ich es als verweichlicht, zum Lüften ans Fenster zu treten."
Immer häufiger kam dann auch Helmut Schmidt ins Wohnzimmer dazu. "Dann blieb er auf eine Zigarettenlänge oder zwei und ergänzte auch Erzählungen seiner Frau. Die beiden kennen sich seit 81 Jahren, sind seit 66 Jahren verheiratet", sagt Beckmann.
Dann schwärmt er von ihrem Wortwitz, ihrer Disziplin, ihrem hellwachen Verstand und ihrer guten Vorbereitung auf jedes Gespräch. "Loki Schmidt ist sehr charmant, neugierig und flirtet auch gerne. Unsere Gespräche fanden immer auf Augenhöhe statt. Sie will im Interview gefordert werden, mag es, wenn man sie hier und da liebevoll provoziert", sagt Reinhold Beckmann. Manchmal hätte Loki Schmidt aber auch den Zeigefinger gehoben. "Sie muss eine fantastische Lehrerin gewesen sein. Sie liebt Kinder und erkundigt sich stets nach meinem Sohn und meiner Tochter", sagt Reinhold Beckmann. Und dann, etwas nachdenklich, erzählt er von ihrem ganz intimen Gespräch über den Tod. Loki Schmidt lebte gegen Ende des Zweiten Weltkrieges bei einer Pfarrerfamilie bei Berlin. Helmut Schmidt war zu der Zeit in Kriegsgefangenschaft. Im Februar 1945 starb ihr erster Sohn Moritz im Alter von nur acht Monaten in ihren Armen an einer Hirnhautentzündung. "Das muss ein furchtbarer Moment für Loki Schmidt gewesen sein. Ein schrecklicher Verlust, und sie war darüber hinaus noch alleine. Nach dieser Erzählung hatte ich ganz lange einen dicken Kloß im Hals", sagt Reinhold Beckmann.
Loki Schmidt ist auch anerkannte Naturschützerin, die er auf keinen Fall in die Schublade "Blumenfrau" stecken möchte. "Sie ist eine begeisterte, sehr engagierte Naturschützerin. Eigentlich Deutschlands erste Grüne, die mit ihrer botanischen Arbeit viel erreicht hat", sagt Beckmann. Und dann lacht der Talkmeister und sagt: "Sie kann auch einen ganz schönen Dickkopf haben. Bezeichnend dafür ist ihre Feststellung, als sie für ihre Rolle als zukünftige Kanzlergattin Ende der 60er-Jahre nach Bonn geht und für sich beschloss: Ich werde mich in Bonn nicht verbiegen lassen."
Mit Loki Schmidt könne man viel Spaß haben und herzhaft lachen. "Es ist beeindruckend, mit wie viel Souveränität und Menschlichkeit Loki Schmidt an der Seite ihres Mannes ein eigenständiges Leben führte und ihm doch stets nah geblieben ist."