Im Untreue-Prozess gegen den ehemaligen Vorsitzenden des Hamburger Tierschutzvereins (HTV), Wolfgang Poggendorf, hat die Staatsanwaltschaft am Mittag eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren sowie 40.000 Euro Geldbuße gefordert. Alle Artikel: Von den Ermittlungen bis zur Anklage

Hamburg. Die Verteidigung plädierte auf eine anderthalbjährige Bewährungsstrafe. Das Urteil soll am kommenden Montag verkündet werden. Der 71 Jahre alte Angeklagte habe den Tierschutzverein über Jahre "als Selbstbedienungsladen angesehen", eine gewissenlose Gesinnung offenbart, die Anklage sei nur "die Spitze des Eisberges", so der Ankläger in seinem Plädoyer. "Macht und Geld, das ist, was er haben wollte", sagte der Staatsanwalt, dem Tierschutzverein sei ein immaterieller "immenser Schaden entstanden", der noch gar nicht absehbar sei, "der Ruf des Tierschutzvereins ist ruiniert."

Punkt 9.25 Uhr, Strafjustizgebäude: Der Mann, der laut Anklage die Verantwortung dafür trägt, humpelt, gestützt von einem Stock, in den Gerichtssaal 337. "Buh und Pfui", rufen Zuschauer, mehr als 50 Tierfreunde füllen die Zuschauerplätze. Poggendorf, er blickt ernst, die Zuschauer aber nicht an. Laut Staatsanwaltschaft veruntreute der Ex-Tierheimchef Vereinsvermögen beziehungsweise unterschlug es, auch Erbschaften von Verstorbenen. Eine Eigentumswohnung auf Sylt, die aus einem Nachlass eines Verstorbenen an den Verein stammt, erstand Poggendorf zum Schnäppchenpreis von 130.000 Euro das Abendblatt hatte die Machenschaften Poggendorfs einst exklusiv aufgedeckt, die Ermittlungen ins Rollen gebracht.

"Ja", sagt Poggendorf mit bewegter Stimme, "ich möchte ein Geständnis ablegen, ich übernehme die Verantwortung." 150 000 Euro habe er nach Abzug der Steuern für sich vereinnahmt, 235 000 Euro Schadensersatz zahlte er dem Verein bereits zurück. Auch deswegen, und weil er bisher unbestraft sei, könne die Strafe noch zu Bewährung ausgesetzt werden, sagt der Staatsanwalt. Poggendorf spricht von "schwerem Fehlverhalten", entschuldigt sich bei den Mitgliedern des Tierschutzvereins. "Ich habe keine Rechtfertigung", sagt er mit zittriger Stimme, "ich bin schuldig."