Der GAL-Politikerin fiel es sichtlich schwer, die Entscheidung zu verkünden: “Es gibt schönere Tage als diesen.“

Es war ein schwieriger Gang für Anja Hajduk (GAL). Und das nicht nur im übertragenen Sinn. Als die Umweltsenatorin um 17.04 Uhr gemeinsam mit Umweltstaatsrat Christian Maaß (GAL) Raum 151 im Rathaus betrat, musste sie sich zunächst eine Schneise durch einen Pulk von etwa 120 Journalisten, Fotografen, Kamerateams sowie Vertretern von Parteien und Verbänden zu ihren Mikrofonen bahnen.

Aber auch dann durfte sie ihre Entscheidung zum Kohlekraftwerk Moorburg noch nicht verkünden. Senatssprecherin Brigitte Köhnlein versuchte zunächst, die Fotografen in ihrem Kampf um das beste Bild etwas zu mäßigen, was sich innerhalb kürzester Zeit - und unter den amüsierten Augen der anwesenden Journalisten - zu einem regelrechten Wortgefecht zwischen beiden Seiten ausweitete. Schließlich griff Senatorin Hajduk ein: "Wir kriegen das schon hin", beschwichtigte sie die Gemüter.

Dann folgte das, was alle erwartet und viele bereits im Vorfeld berichtet hatten. Die grüne Umweltsenatorin verkündete die Genehmigung für das Kohlekraftwerk Moorburg - allerdings mit Einschränkungen. "Aus rechtlichen Grünen ist Vattenfall der Bau des Kraftwerkes nicht zu versagen. Aus ökologischen Gründen sind beim Betrieb des Kraftwerkes aber erhebliche Einschränkungen nötig, sodass die wasserrechtliche Erlaubnis teilweise abgelehnt worden ist", sagte Hajduk. Eine halbe Stunde vor der öffentlichen Verkündung sei der Bescheid einem Vattenfall-Anwalt in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) ausgehändigt worden.

Auch wenn die Genehmigung ihr schwer falle, "weil sie nicht das darstellt, was wir klimapolitisch für richtig halten", sei das Risiko einer Entschädigungsforderung im Falle einer Nichtgenehmigung für Hamburg zu groß gewesen, begründete Hajduk ihre Entscheidung. Diese sei nicht leicht gewesen, sagte sie und wurde noch deutlicher: "Ich bin enttäuscht, weil ich so eine Entscheidung ungern treffe, und auch enttäuscht, diese vertreten zu müssen. Es gibt schönere Tage als diesen", gab sie mit leicht zitternder Stimme zu.

Unabhängig von der Entscheidung bleibe aber das Ziel bestehen, "für mehr Klimaschutz zu arbeiten". Hamburg müsse unabhängiger werden von den großen Energiekonzernen. Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen würde weder ein ausreichender Wettbewerb auf dem Energiemarkt herrschen noch eine ausreichende Perspektive für die Erfüllung von Hamburgs Klimaschutzzielen. Im Interesse des Klimaschutzes und des Gemeinwohls habe sich die Koalition deshalb darauf verständigt, einen eigenen Energieversorger mit dem Namen Hamburg Energie zu gründen. Die Frage, ob dies eine "Kampfansage" an Vattenfall sei, ließ sie offen.

Zur Zukunft der Grünen und der schwarz-grünen Koalition sagte Hajduk, es sei "richtig und notwendig, dies am Abend in der Partei zu diskutieren". Sie persönlich halte es zudem für richtig, "dass der Landesvorstand in der kommenden Woche zu einer Landesmitgliederversammlung einlädt". Das sei eine Sache, die "wir gemeinsam in der Partei bewerten müssen", da es um ein Thema der Kernkompetenz der Grünen gehe. Gegenüber den Mitgliedern werde sie Rechenschaft ablegen und gemeinsam besprechen, ob Fehler gemacht worden seien. "Ich musste feststellen, dass wir wohl zu optimistisch waren", gab die Senatorin zu. "Dass aber ein Risiko besteht, dass sich unsere Rechtsauffassung nicht durchsetzt, das wussten wir auch", sagte Hajduk.

Mit ihrer schonungslosen Offenheit hatte Hajduk auch am Montagabend den Koalitionsausschuss von CDU und GAL beeindruckt. Sie wolle nicht schönreden, so die GAL-Senatorin, dass die Erteilung der Genehmigung eine Niederlage sei. Zugleich erläuterte sie aber den Plan, eigene Stadtwerke zu gründen, um der von ihr empfundenen Allmacht des Stromerzeugers Vattenfall eine schlagkräftige Konstruktion entgegenzusetzen. Sie erhielt Rückendeckung durch die Spitzen von CDU und GAL. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) war zuvor eingeweiht gewesen. So zeichnet sich jetzt eine Doppelstrategie der GAL-Führung ab: einerseits offen die Niederlage einräumen, andererseits offensiv eigene Energiepolitik betreiben.