Weil die freiwillige Selbstverpflichtung, nach 20 Uhr keine Glasflaschen zu verkaufen, rund um die Reeperbahn nicht eingehalten wird, fordern auch SPD-Bürgerschaftsabgeordnete gesetzliche Regelungen.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion fordert, den Straßenverkauf von Glasflaschen auf St. Pauli per Verordnung zu verbieten. Dazu soll eine Verbots-Zone rund um die Reeperbahn eingerichtet werden. "Nur so kann verhindert werden, dass Glasflaschen weiter für jeden Kiezgänger leicht zugänglich sind und diese wieder zu gefährlichen Waffen werden können", erklärte der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Andy Grote. Diese gesetzgeberischen Schritte seien nötig angesichts des "offenbar weitestgehend wirkungslosen freiwilligen Glasflaschenverbotes". Das von der SPD geforderte amtliche Flaschenverbot soll in der Zone gelten, in der auch das Waffenverbot herrscht.

Ein Abendblatt-Test hatte am Wochenende ergeben, dass sich praktisch keiner der Kioske und Imbisse an das Flaschenverbot hält. Von zwölf getesteten verkauften elf Glasflaschen nach 20 Uhr. Nur ein einziger Kiosk füllte das Flaschenbier wie vereinbart in einen Plastikbecher um. Senator Christoph Ahlhaus (CDU) sagt: "Ich habe die Beobachtung des Abendblatts zum Anlass genommen, die Polizei nochmals zu bitten, die Selbstverpflichtung zu überprüfen. Sollte das Ergebnis sein, dass die Händler wieder vermehrt Glasflaschen verkaufen, werde ich den runden Tisch erneut zusammenrufen und auch ein Alkoholverzehrverbot diskutieren: Ich will da nicht hin, aber wenn nötig, schrecke ich auch vor einem Verbot nicht zurück."

Die Selbstverpflichtung gilt seit März, als Kiosk- und Tankstellenbetreiber eine Vereinbarung unterschrieben haben. Danach dürfen von 20 Uhr bis morgens um acht keine Glasflaschen verkauft werden. Die Vereinbarung wurde geschlossen, nachdem der Senat gedroht hatte, den Straßenverkauf von Alkohol in der Nacht komplett zu verbieten.

Der Senat hatte in der vergangenen Woche auf eine Kleine Anfrage der SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Andy Grote und Andreas Dressel geantwortet, dass seiner Meinung nach der Verkaufsverzicht eingehalten werde. "Damit sagt der Senat offensichtlich die Unwahrheit. Nichts ist unter Kontrolle. Die freiwillige Selbstverpflichtung, die von Interessenvertretern durchgesetzt wurde, ist reine Augenwischerei; jetzt muss ein echtes Verbot kommen." Die Zahl der Verkaufsstände rund um die Reeperbahn sei auf 40 angestiegen. Grote: "Überall sind Bierflaschen leicht erhältlich."

Hintergrund der Forderung nach einem Glasflaschen-Verbot sind dramatisch gestiegene Zahlen von Körperverletzung - besonders auf St. Pauli. Der Leitende Polizeidirektor Kuno Lehmann sagte Anfang des Jahres: "Pro Woche haben wir auf St. Pauli zehn bis 15 Fälle von Körperverletzung mit Flaschen. Diese Zahlen müssen deutlich gesenkt werden."

Der Bezirk Mitte schlägt vor, jedem einzelnen Kiosk den Verkauf zu verbieten. Markus Schreiber: "Rechtsgrundlage dafür ist das Hamburger Sicherheits- und Ordnungsgesetz (SOG). Bei einer Straftat kann das sogenannte Zweckveranlasserprinzip greifen, wenn man nachweisen kann, dass eine Flasche als Tatwaffe von einem Kiosk stammt." Das sei sogar recht einfach in der Anwendung. "Denn dann müssen die Kioske gegen den Bezirk klagen. Einen solchen Fall haben wir aktuell am Hansaplatz", sagt Schreiber. Der Stadt fehle nur etwas Mut, das SOG anzuwenden.