Nur knapp ist Hamburg am Donnerstagabend einer Schiffskatastrophe entronnen. Durch den schweren Sturm hatte sich ein Frachter von seinem Liegeplatz...

Nur knapp ist Hamburg am Donnerstagabend einer Schiffskatastrophe entronnen. Durch den schweren Sturm hatte sich ein Frachter von seinem Liegeplatz am Containerterminal Waltershof gelöst (wir berichteten). Nur durch das schnelle Eingreifen des Oberhafenamtes und dank des geringen Schiffsverkehrs auf der Elbe konnte ein Unglück verhindert werden.

Athabaskakai, 19.15 Uhr: Eine Windböe trifft mit Windstärke zehn auf die 304 Meter lange Seite der voll beladenen "Pucon". Die Luftmassen schieben das Containerschiff auf die Elbe hinaus. Nur Sekunden später sind Kaimauer und Schiffswand bereits zwei Meter voneinander entfernt.

Die Winschen - die automatischen Winden der "Pucon", die für Spannung auf den 6,6 Zentimeter starken Trossen sorgen sollen - können dem Sturm nichts entgegensetzen. Nach drei Minuten reißen die fünf Taue aus Kunststofffasern - an Sollbruchstellen, um die Winschen vor Überlastung zu schützen. 40 Meter liegen da bereits zwischen Schiff und Pier. Ohne laufenden Motor treibt der unter liberianischer Flagge fahrende Frachter auf der Elbe, wird vom Sturm in Richtung Elbstrand gedrückt.

Glück im Unglück: Auf der Elbe kreuzt kein weiteres Schiff. Zudem sind Beamte der Wasserschutzpolizei an Bord. Die "Pucon" war bereits fertig zum Auslaufen - nur die Papiere zum Verlassen des Hafens mussten noch unterzeichnet werden. Die Polizisten informieren die nautische Zentrale des Oberhafenamtes. Vier Schlepper machen sich auf den Weg, die "Pucon" abzufangen. Zehn Minuten, nachdem sich die "Pucon" vom Kai gelöst hatte, gelingt es der Mannschaft, den mächtigen Schiffsmotor anzuwerfen - sehr schnell für ein Schiff dieser Größe. Mit seinem Bugstrahlruder unterstützt der Kapitän die Arbeit der Schlepper. Wenige Minuten später liegt es wieder am Kai.

"Das Schiff war ordentlich festgemacht", sagt Polizeihauptkommissar Gerhard Kascha von der Wasserschutzpolizei. Der Kapitän jedes Schiffes entscheide darüber, wie das Schiff festgemacht werde. In diesem Fall sehe er aber keine Nachlässigkeit: Dass der Sturm so heftig werden würde, sei vom Wetterdienst nicht vorhergesagt worden. Auch der stellvertretende Hafenkapitän Andreas Brummermann geht von der Unschuld des Kapitäns aus. In seinen 15 Dienstjahren habe er keinen ähnlichen Fall erlebt. "Es hat sich aber gezeigt, dass unser Notfallpaket gut funktioniert."

Am Freitag untersuchten Fachleute des Germanischen Lloyd den Boden des Schiffes. Ob es den Grund der Elbe doch berührt hatte, konnte nicht ausgeschlossen werden. Sie konnten aber die "Klasse des Schiffes" - also seine Seetüchtigkeit - bestätigen. Während die "Pucon" den Hafen am Freitag um 12.25 Uhr wieder verlassen hat, soll die Schiffsunfallkommission den Vorfall jetzt aufklären. Doch die "Pucon" war keine Ausnahme: Am Eurokai wurde das 337 Meter lange Containerschiff "Harbour Bridge" vom Wind weggedrückt, konnte aber gesichert werden. In Travemünde riss sich eine Fähre vom Kai.