Im Skiurlaub passierte es zuletzt: Abends im Restaurant, zwischen Kindern und Erwachsenen, kritzelte sie plötzlich auf einer Serviette herum - wie...

Im Skiurlaub passierte es zuletzt: Abends im Restaurant, zwischen Kindern und Erwachsenen, kritzelte sie plötzlich auf einer Serviette herum - wie sich später herausstellt, war es ein mathematischer Beweis, den es bisher nicht gab. Kristina Klein, zwölf Jahre alt, blond, gilt als hochbegabt. Für ihren Lehrer Klaus Henning sogar als "das Mathetalent in Hamburg".

Die Zwölfjährige übersprang gleich nach der Einschulung zwei Klassen. Seitdem sind die Mitschüler zwei Jahre älter als Kristina. Und sie ist immer ein wenig anders. Das merkte Mutter Cornelia Klein zum ersten Mal, als sie mit einer Freundin und deren vierjähriger Tochter im Auto saß. Das Mädchen sollte bis 20 zählen, scheiterte aber schon bei sechs und sieben. Schließlich griff Kristina ein, damals 15 Monate alt, verbesserte das Kind und sagte ihr vor, wie es richtig geht. "Da konnte Kristina kaum sprechen, und laufen konnte sie auch noch nicht", sagt Klein.

Mittlerweile geht das Mädchen in die neunte Klasse des Gymnasiums Christianeum in Othmarschen. "Typischerweise hat Kristina ein Blatt vor sich liegen, darauf kritzelt sie Lösungswege", sagt Henning, der als Kind selbst hochbegabt war. Er litt darunter, anders zu sein als die anderen Kinder, und langweilte sich im Unterricht. Vielleicht darum ist er heute Hamburger Landesleiter der Mathe-Olympiade, kümmert sich um die begabten Kinder, rechnet mit ihnen an den Nachmittagen und fährt mit ihnen auf Mathe-Freizeiten. "Es gibt verschiedene Begabungsrichtungen", sagt Henning. "Kinder, die früh ein Interesse an mathematischen und physikalischen Zusammenhängen zeigen, haben meist auch Sprachverständnis und Ausdrucksfähigkeit." Kristina gehöre zu den kommunikativen hochbegabten Mathematikern, es gebe andere, die ein fast autistisches Verhalten zeigten: "Es ist schon vorgekommen, dass ein Schüler auf einer Reise auf dem Bahnsteig verloren gegangen ist, weil er den Zug nicht gesehen hatte. Ein anderer lief um die Jugendherberge und fand den Eingang nicht", sagt der Lehrer. Kristina hingegen sei aufgeschlossen gegenüber allen Fächern und extrem flexibel im Denken. Sie habe einen starken Willen und die Fähigkeit, alles, was sie wisse, miteinander zu kombinieren. "Wenn ich vor einer Aufgabe bin, überlege ich, wie ich sie lösen könnte, und probiere es aus", sagt das Mädchen. "Wenn es nicht klappt, war es falsch, und ich versuche es auf andere Weise. Es gibt keine Aufgabe, die ich nicht weiterdenken möchte." Noch nicht einmal sei es vorgekommen, dass sie keine Lösung gefunden habe.

In der Klasse fühle sie sich wohl, viele Mitschüler kenne sie schon seit der dritten Klasse. "In der Grundschule wurde ich oft gehänseltm, und Leute haben Gerüchte gestreut, ich würde zu Hause die ganze Zeit lernen." Mittlerweile wissen die Mitschüler, dass Kristina einfach anders ist. Sie lassen das Mädchen in Ruhe, im Gegenzug hilft es ihnen bei schwierigen Fragen oder bei der Vorbereitung für Klassenarbeiten. "Kristina ist mit niemandem eng befreundet, außer einem anderen hochbegabten Jungen. Aber alle mögen sie", sagt eine Klassenkameradin. Wenn die 14-jährigen Mädchen nachmittags Eis essen oder shoppen gehen, lernt Kristina manchmal Chinesisch. Und spielt Bratsche. Und geht zum Kursus "Kreatives Schreiben". Vor dem Einschlafen liest sie Mathebücher. Und denkt so lange über Lösungen nach, bis ihr die Augen zufallen.