Von der Zuckerlösung, die zum Tod des Vierjährigen führte, habe die Angeklagte ihm erst sehr spät erzählt.

Draußen läuten, irgendwo in der Ferne, Kirchenglocken. Vor Gericht geht es gerade um den Tod des kleinen Franjo: wie viel Fieber er wann hatte. Was seit wann in seiner Krankenakte stand - das Schicksal des Jungen, reingepresst in juristische Fragen. Der Vierjährige starb, nachdem die Ärztin Petra O. (49) am 7. August 2006 im katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift dem Kind eine zu hoch dosierte Zuckerlösung gegeben hatte.

Auch am zweiten Prozesstag wirkt die Medizinerin, der die Anklage fahrlässige Tötung vorwirft, wie ein Schatten ihrer selbst: dünn, mit einem Kopftuch verhüllt, mit scheuem Blick. Auch Franjos Mutter ist wieder da. Sie schaut wie abwesend ins Leere.

Gestern sagte Alexis Sch. (37) aus, der Assistenzarzt, der Franjo auf der Intensivstation behandelte, der alles versuchte, um nach der Zuckerinfusion das Leben des Jungen noch zu retten.

Bei ihm auf der Intensivabteilung wurde Franjo aus der Station sieben, wo die angeklagte Ärztin dem Kind die Glukose-Infusion gegeben hatte, gegen 21.30 Uhr eingeliefert. Seine "Arbeitsdiagnose", wie er sagt, war, dass Franjo einen Krampfanfall mit Fieber hatte, ausgelöst durch einen Infekt. Das Gerät zeigte einen Blutzuckerwert an, der außerhalb des Messbereichs lag. "Ich konnte mir den hohen Blutzuckerwert nicht erklären."

Das Kind hatte am frühen Abend nach einem harmlosen ambulanten Eingriff Fieber bekommen und sich erbrochen. Daher gab die Ärztin ihm eine Zuckerlösung. Da sie wegen eines Notfalls die Station verließ und die Infusion vergaß, bekam der Junge die zu hohe Dosis - 500 Milliliter in einer Stunde.

Der Zeuge sagt, die Angeklagte habe ihm erst später erzählt, dass sie Glukose gegeben hatte - aber nicht, wie viel. "Ich bin stillschweigend davon ausgegangen, dass es eine geringe Menge war." Er sagt, er habe nicht in die Krankenakte des Jungen geschaut. "Ich bin davon ausgegangen, dass ich alle Informationen von der Ärztin bekomme." Wenn er dies eher gewusst hätte, hätte er eher Insulin gegeben.

Die Mutter hat genug gehört. Sie kämpft mit den Tränen, als sie später draußen ist. "Da schiebt einer die Schuld auf den anderen", sagt sie verbittert. Am linken Handgelenk trägt sie ein Armband. "Franjo" steht dort darauf geschrieben, in großen Buchstaben, die im Sonnenlicht leuchten. Am 26. Mai wird voraussichtlich das Urteil gefällt.