Bundesweit schlugen 1500 Beamte in rund 200 Wohnungen und Lagern zu. 42-jähriger Mann in Finkenwerder verhaftet. Waffen und Bargeld sichergestellt.

Bodo S. (42) fühlte sich offenbar sicher: In seiner Wohnung verwahrte er Kokain, drei Kilo Marihuana, 520 Gramm Haschisch, diverse Schusswaffen und einen gehörigen Haufen Bargeld: Mit dem Besuch der Kripo hatte er offenbar nicht gerechnet. Bodo S. gehört zur offenbar wachsenden Gemeinde der Cannabis-Züchter. Gestern nahmen Kripobeamte ihn im Rahmen einer bundesweiten Aktion gegen die Szene fest. Seitdem Cannabis-Züchter in den Niederlanden schärfer verfolgt werden, verzeichnet die Polizei in Deutschland eine wachsende Zahl von Aufzuchtanlagen - zunächst in den Nähe der deutsch-holländischen Grenze, inzwischen aber auch in Hamburg.

Allein im Jahr 2006 hob die Hamburger Polizei 19 illegale Cannabis-Aufzuchtanlagen aus - sieben mehr als im Jahr zuvor. Die Zahl dürfte im jüngst abgelaufenen Jahr noch einmal gestiegen sein. Der gestrige bundesweite Schlag gegen die Züchter-Szene war eine der bislang größten Aktionen dieser Art. Unter der Leitung der Staatsanwaltschaft Aachen schlugen insgesamt 1500 Beamte zeitgleich in rund 200 Wohnungen und Lagern zu. Sie entdeckten 77 Hanfplantagen und Beweismittel in rauen Mengen. Das Großverfahren mit 218 Beschuldigten war ins Rollen gekommen, nachdem das LKA Nordrhein-Westfalen und die Aachener Staatsanwälte die Hintermänner eines florierenden Versandhandels ins Visier genommen hatten. Bei ihnen kauften Züchter aus dem gesamten Bundesgebiet alles, was der "Hobby-Züchter" zum Betrieb einer Heimplantage braucht. Die Ermittler sicherten die Lieferadressen der Kunden, schlugen gestern zeitgleich im gesamten Bundesgebiet zu.

In Hamburg wurden neben der Wohnung von Bodo S. und seiner Freundin Sabine T. in Finkenwerder noch Adressen in Stellingen, Tonndorf, Billstedt und Eppendorf durchsucht. In der Wohnung des 32-jährigen Martin W. entdeckten sie einen Aufzuchtschrank. Auch sein Bruder Jens W. (26) hatte im Haus seiner Eltern einen solchen Schrank. Bei Nils T., einem 25-jährigen Stellinger, räumten sie 55 Cannabispflanzen ab.

Angesichts der steigenden Zahl von sogenannten "Indoor-Aufzuchtanlagen" bittet die Polizei nun die Bevölkerung um Mithilfe und Hinweise auf Häuser, Wohnungen und Hallen, in denen trotz angeblichen Leerstands Motoren und Licht, Ventilatoren oder Generatoren betrieben werden. Auch verhängte Fenster und Kondenswasser könnten auf illegale Plantagen hindeuten, sagt Polizeisprecher Andreas Schöpflin. Der Betrieb solcher Anlagen sei riskant: "Es kann zu Pilz- und Schimmelbefall, zu Stromunfällen und Bränden kommen." Zudem drohten lange Haftstrafen, falls man erwischt werde.