Hartenholm ist ein idyllisches Örtchen. Rund 1800 Einwohner leben in gepflegten Einfamilienhäusern, Pferde und Rinder stehen auf großzügigen Weideflächen. Nett ist es hier. Aber einen Weltstar wie Bob Geldof würde man in Hartenholm nicht ernsthaft vermuten.

Am Sonnabend besuchte er tatsächlich den Ort nördlich von Hamburg. Der Musiker und Afrika-Aktivist stand bei dem Festival "Rock op'n Dörp" auf der Bühne. Die Initiatoren, Werber Oliver Anhuth und Logopak-Unternehmer Chris Hastings-Long, konnten den Iren gemeinsam mit anderen Künstlern wie der Band Alphaville für das Konzert gewinnen. "Ich mag es sehr, auf kleineren Festivals zu spielen. Das ist eine intimere Atmosphäre", erzählt der Musiker. "Ich bin wahrscheinlich in mehr deutschen Orten gewesen als so mancher Deutsche", sagt Bob Geldof und streicht sich eine graue Haarsträhne aus dem Gesicht. Er sieht müde aus. Augenränder verraten, dass er in der vergangenen Nacht nicht allzu viel Schlaf bekommen hat. "Ich bin in Berlin aufgetreten und ja, ich habe danach lange gefeiert", gibt der ehemalige Sänger der Boomtown Rats zu, der seit 1987 als Solokünstler auftritt.

Für das Gespräch mit dem Abendblatt hat er es sich in einem ledernen Sessel gemütlich gemacht. Im Hintergrund prasselt ein Kaminfeuer, an den Steinwänden hängen britische Wappen. Heimelig ist es in Hartenholm. Und Bob Geldof scheint sich überhaupt in Norddeutschland äußerst wohlzufühlen. "Ich war sehr oft in Hamburg. Für Rock 'n' Roller ist die Reeperbahn mit dem Star-Club fast so etwas wie eine Pilgerstätte", so Geldof, der nicht in erster Linie durch seine Musik, sondern durch sein Engagement für die Dritte Welt populär wurde. 1985 organisierte er das Konzert "Live Aid" zugunsten Äthiopiens. Vor zwei Jahren initiierte er mit dem "Live-8-Konzert" einen Nachfolger. Es fand zeitgleich mit dem G8-Gipfel statt, sollte Druck auf die führenden Politiker ausüben. Gemeinsam mit U2-Sänger Bono setzt sich Bob Geldof medienwirksam für den Schuldenerlass für die Dritte Welt ein. Er diskutiert mit Politikgrößen wie dem ehemaligen Uno-Generalsekretär Kofi Annan - auf Augenhöhe.

Bob Geldof, der Musiker, der Humanist. Doch da gibt es auch den Privatmenschen Geldof, der in seinem Leben schmerzhafte Verluste erleiden musste. Seine Frau Paula Yates, mit der er drei Töchter hat, verließ ihn 1996 für den INXS-Frontmann Michael Hutchence. Ein Jahr später beging Hutchence Suizid. Yates starb 2000 an einer Überdosis Heroin. Es war eine schwere Zeit für Geldof. Eine Zeit, in der er mit Depressionen, Trauer und Wut kämpfte. Mittlerweile lebt er mit der französischen Schauspielerin Jeanne Marine und seinen Kindern in London. Das Weihnachtsfest verbringt er mit seiner Familie in ihrem Landhaus in der Grafschaft Kent. "Ich liebe an Weihnachten besonders die Geschenke", gibt Geldof zu. "Wenn eine meiner Töchter keines für mich hat, bin ich ernsthaft beleidigt." Nur vor der Silvesternacht graut es ihm: "Da sind meine Töchter auf Partys unterwegs. Wenn ich alleine bin, werde ich depressiv." Bob Geldof ist kein Mensch, der die Füße hochlegt. "Das Problem ist, dass ich so schnell gelangweilt bin. Ich bin ruhelos." Diese innere Unruhe ist es wohl auch, die Bob Geldof antreibt. Für sein Engagement wurde der 53-Jährige von Königin Elizabeth II. 1986 zum Ritter geschlagen. Offiziell darf er den Titel "Sir" jedoch nicht tragen. Dies ist den Bürgern des Vereinigten Königreichs vorbehalten. Ob mit oder ohne "Sir", Bob Geldof braucht keine Titel. Er schafft es, Menschen zu begeistern. Egal, ob in New York, London - oder im beschaulichen Hartenholm.