Für Sonnabend haben PKK-Aktivisten eine Demonstration vom Hauptbahnhof zum türkischen Konsulat an der Moorweide angekündigt. Die Polizei setzt mehrere Hundertschaften ein.

Wird Hamburg zum Schauplatz von gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen nationalistisch eingestellten Türken und Anhängern der radikalen kurdischen Arbeiterpartei PKK? Sicherheitsexperten befürchten, dass der Grenzkonflikt, der sich seit Tagen an der Grenze zum Nordirak abspielt (wir berichteten), weiter nach Deutschland überschwappen könnte - und damit auch in die Hansestadt, eine der Hochburgen extremistischer Anhänger der beiden Lager. So sagt Manfred Murck, Vizechef des Landesamts für Verfassungsschutz, das Risiko derartiger Zusammenstöße sei angesichts der verschärften Situation in der Türkei "relativ groß": "Es ist naheliegend, dass es zu Auseinandersetzungen kommt, wenn sich Sympathisanten beider Lager begegnen."

Hamburger Verfassungsschützer hatten aufmerksam registriert, dass es am Wochenende bereits in Berlin zu heftigen Krawallen zwischen nationalistischen Türken und Kurden im Anschluss an eine Demonstration gekommen war - mit 18 verletzten Polizisten. Auch die Bundesregierung befürchtet weitere Auswirkungen des Konflikts in Deutschland. Das Land werde es "wohl immer wieder erleben", dass "radikale Stimmungen" geschürt würden, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Stefan Kaller. Die Behörden seien aber "unduldsam" gegen militante Aktionen und Vereine und verfolgten eine "strikte Linie" gegen in- und ausländische Radikale. In Hamburg könnte es bereits am Sonnabend zu einer Bewährungsprobe für die Sicherheitskräfte kommen: Aktivisten aus dem Umfeld der verbotenen PKK haben für den Nachmittag eine Demonstration vom Hauptbahnhof quer durch die Innenstadt zum türkischen Generalkonsulat an der Moorweide angemeldet. Angekündigt sind dafür 250 Teilnehmer, polizeiintern wird aber mit bis zu 500 teils gewaltbereiten Protestlern gerechnet. "Wir gehen davon aus, dass der Aufmarsch an sich friedlich verlaufen wird", so die Lageeinschätzung aus dem Polizeipräsidium. Es sei aber nicht auszuschließen, dass es zu verbalen Konfrontationen von Anhängern der unterschiedlichen Lager kommen könnte, die in Gewalt ausarten könnten. Die Polizei kündigte an, mit mehreren Hundertschaften präsent zu sein.

Ähnlich schätzt auch Verfassungsschützer Murck die Situation ein. Zwar sei es in den vergangenen Jahren um die PKK in Hamburg ruhiger geworden. Dennoch könnte der sich jetzt ausweitende Konflikt die Anhänger ähnlich mobilisieren wie etwa der Tod des Kurdenführers Abdullah Öcalan. Bei seiner Festnahme 1999 war es unter anderem in Hamburg zu massiven Krawallen gekommen: So hatten militante Kurden die SPD-Zentrale in St. Georg gestürmt und Mitarbeiter dort als Geiseln genommen. Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass in Hamburg derzeit etwa 500 Anhänger der PKK leben und gleichzeitig etwa 300 als extrem einzustufende türkische Nationalisten - oft in denselben Stadtteilen wie St. Pauli, Altona oder Wilhelmsburg. "Die Meinungsführer auf beiden Seiten müssen jetzt mäßigend besonders auf jugendliche Aktivisten einwirken", sagte Verfassungsschützer Murck. Wie stark beide Seiten das Thema emotionalisiert, hatte bereits am vergangenen Wochenende eine Demonstration von türkischen Nationalisten in der Hamburger City gezeigt: 3000 Menschen hatten dort protestiert - aber friedlich, wie die Polizei berichtet.