Arzt warnt vor gesundheitlichen Folgen. Größtes Problem sind Autobahnen und Hauptstraßen. Die GAL fordert vom Senat einen Aktionsplan.

Lärm ist überall - ob Motorengeräusche, Flugzeuge, Musik oder Baustellen. Mancher fühlt sich von einem lauten Gespräch in der Nachbarwohnung gestört. Schon ein Dauerschallpegel von 65 Dezibel führt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen. In Großstädten wie Hamburg mit mehrspurigen Hauptverkehrsstraßen, Bahnstrecken und Hafen ist dieser Pegel schnell erreicht. Zum heutigen "Tag des Lärms" zeigt das Abendblatt, wie laut es in der Hansestadt tatsächlich ist. Denn die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) hat zur Umsetzung einer EU-Richtlinie eine Straßenlärmkarte erstellt.

Das größte Problem sind demnach die Autobahnen und Hamburgs Hauptverkehrsstraßen. "Da, wo die Gebäude sehr dicht am Straßenrand stehen, ist es besonders laut", sagt Hans Heinrich Wendlandt, Leiter des Referats Lärmschutz bei der BSU. "Die Häuser reflektieren den Schall. Er kann sich nicht ausdehnen."

Die Behörde beschäftigt sich seit zwölf Jahren mit dem Lärm. Das Referat ist zuständig für die Lärmbekämpfung in der Stadt. Die Fachleute unterscheiden zwischen Straßen-, Industrie- und Eisenbahnlärm. Um die Straßengeräusche zu verringern, versucht die BSU zum Beispiel den Verkehrsfluss zu verbessern, leiseren Asphalt zu verwenden oder begrünte Schallschutzwände zu errichten. "Außerdem wollen wir vor allem den Lkw-Verkehr aus den Wohngebieten heraushalten und auf den Hauptverkehrsstraßen bündeln", so Wendlandt.

Die GAL-Bürgerschaftsfraktion will mehr. Sie fordert vom Senat eine Hamburger Lärmschutzinitiative. Der Senat habe bisher lediglich Lärmkarten erstellt, jedoch keine Aktionspläne erarbeitet. Katja Husen, gesundheitspolitische Sprecherin der GAL-Fraktion: "Lärm macht krank, besonders trifft dies Kinder." Mehr als 140 000 Anwohner von Hauptverkehrsstraßen seien in Hamburg von gesundheitsgefährdendem Lärm betroffen. "Schon eine Dauerbelastung von 50 Dezibel führt bei manchen Menschen zu erhöhtem Blutdruck", bestätigt Professor Xaver Baur vom Universitätsklinikum Eppendorf. Migräne, Angststörungen bis hin zur Depression seien weitere mögliche Folgen, so der Experte.

Außer vom öffentlichen Lärm sind viele Hamburger vor allem von zu lauten Geräuschen der Nachbarn genervt. Beim Mieterverein zu Hamburg gehen deswegen bis zu 4000 Beschwerden jährlich ein. Für Betroffene wurde eigens eine "Initiative gegen Nachbarschaftslärm" ins Leben gerufen (Telefon 87 97 91 61). Wer gegen die Ruhezeiten verstößt, riskiert eine Unterlassungsklage des Vermieters und in gravierenden Fällen sogar die fristlose Kündigung.

Die Hansestadt hat aber nicht nur besonders laute Ecken. Wie Lärmschutz-Experte Hans Heinrich Wendlandt verrät, findet man mitunter auch ganz ruhige Gebiete mitten in der Stadt. "Das ist zwar in Hamburg eher selten der Fall. Aber in Altona gibt es einige Innenhöfe, die fast komplett still sind." Grund sei die besondere Bauweise. "Die Häuserblocks sind rundum geschlossen. Die Fronten wirken wie ein Schallhindernis, sodass in den Innenhof kaum Geräusche eindringen können." Wer eine solche Ruheoase gefunden hat, sollte sie regelmäßig für eine Auszeit nutzen. Denn der nächste Lärm kommt bestimmt.