Der Brief kam gestern. Darin stand, wovor sich Aminatu Jalloh tagtäglich gefürchtet hatte: ihre Abschiebung. In einer Woche soll die 18-Jährige Hamburg verlassen und nach Guinea ausreisen - obwohl sie ursprünglich aus Sierra Leone kommt. Warum sie in ein Land soll, in dem sie noch nie gewesen ist, wo sie niemanden kennt - das weiß sie nicht. Die Innenbehörde verweist an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Doch auch dort gibt es keine konkrete Antwort. Der Grund: Über Einzelschicksale gebe man keine Auskunft.

Wie es sich anfühlt und wie man als Jugendlicher in Hamburg lebt, wenn man laut Gesetz nur geduldet wird, hat Aminatu jetzt mit einer Jugendgruppe in dem Film "ungeduldig" festgehalten. Mit Unterstützung des medienpädagogischen Projekts mokala des Jugendhilfeträgers basis & woge e. V. haben die jungen Flüchtlinge über ein halbes Jahr an dem Dokumentarfilm gearbeitet, in dem jeder von ihnen seine Geschichte erzählt - auch Aminatu. Sie wurde in Sierra Leone geboren und kam vor etwa acht Jahren allein nach Hamburg. Hier ist ihr Zuhause, sagt sie, hier hat sie Freunde gefunden und ihre Leidenschaft entdeckt: das Theater. "Ich spiele bei der Theatergruppe Hajusom mit, das ist meine Familie geworden", sagt sie. Ihr Deutsch ist fehlerfrei. Der Schock sitzt immer noch tief. Sie weiß nicht, was zu tun ist, wie es weitergeht, wer ihr helfen kann. Ihren Freunden geht es ähnlich. Sushil Kahlou (22) wurde in Indien geboren. Als 14-Jähriger wurde er von seinem Onkel in ein Flugzeug nach Deutschland gesetzt, um ihm hier ein besseres Leben zu ermöglichen. Zu seiner Familie hat Sushil keinen Kontakt mehr. "Hier ist meine Heimat, hier möchte ich bleiben", sagt er. Chandir Bathija (19) aus Afghanistan hat den gleichen Wunsch: einen Job und ein Zuhause. Doch es ist schwierig für alle, hier ein normales Leben zu führen. "Selbst der Bücherausweis wurde mir verweigert, weil ich bei einer Abschiebung die Bücher nicht zurückbringen würde", sagt Tanya Talreja (20) aus Afghanistan. Ihr größter Wunsch ist es, Chemie zu studieren. Doch wie soll das ohne Bücher und ohne Zulassung an der Uni gehen?, fragt sie sich. "Es ist ein schlimmes Gefühl, nur geduldet zu sein, viele schämen sich, können schlecht darüber reden", sagt Nina Norerijan (21). Die Iranerin hat inzwischen zwar die deutsche Staatsbürgerschaft, doch sie weiß genau, wie sich die anderen fühlen: "Man wird als anderer Mensch angesehen."

Freitag ist der große Tag der Gruppe: Im B-Movie (Brigittenstraße 5) zeigt sie von 19 Uhr an ihren Film. Danach möchte sie an Schulen über Duldung aufklären, um deutlich zu machen, dass hinter jeder Abschiebung auch ein Mensch steht . . .