Der wegen der Erschießung von 59 italienischen Gefangenen im Zweiten Weltkrieg verurteilte ehemalige SS-Offizier Friedrich Engel ist im Alter von 97 Jahren gestorben. Damit ist jetzt eines der spektakulärsten NS-Prozeßkapitel endgültig abgeschlossen. Wie seine Ehefrau gestern mitteilte, starb Engel bereits vor mehr als einer Woche. Nach Abendblatt-Informationen war Engel im engsten Kreis in aller Stille beigesetzt worden.

Engel, der promovierte Philologe, lebte seit Kriegsende unbehelligt in Hamburg. Als Holzkaufmann hatte er früher gearbeitet. Das Hamburger Landgericht verurteilte ihn im Jahr 2002 wegen Mordes zu sieben Jahren Gefängnis. Er war zur Tatzeit im Mai 1944 SS-Sturmbannführer und Leiter das Außenkommandos des Reichssicherheitsdienstes (SD) in Genua gewesen. "Sie waren der ranghöchste Mann, leiteten die Aktion", hatte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung festgestellt.

Die Exekutionen am Turchino-Paß in Ligurien waren als Vergeltung für einen Partisanen-Anschlag auf ein deutsches Soldatenkino befohlen worden, bei dem fünf Soldaten getötet worden waren. Es geschah am 19. Mai 1944: Angehörige des Sicherheitsdienstes (SD) der Nazis scheuchten im Marassi-Gefängnis 59 italienische Gefangene auf. Sie ließen sie zum 25 Kilometer entfernten Turchino-Paß fahren. Marinesoldaten legten mit Karabinern an und drückten ab. Die Opfer mußten vorher die Tötung ihrer Kameraden mitansehen. Engel hatte die Schuld stets bestritten und sich auf Befehlsnotstand berufen. Auf Befehlsnotstand habe sich Engel bei dem Einsatz nicht berufen können, so der Vorsitzende Richter im Landgerichtsprozeß. Denn einen solchen Befehl zu dieser Tötung habe es nicht gegeben. Engel mußte für die Erschießung aber nie büßen. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte das Verfahren im Juni 2004 ein, nachdem Staatsanwaltschaft und Verteidigung gegen das Hamburger Urteil Revision eingelegt hatten. Der BGH kritisierte zugleich, daß Engel "unbegreiflich spät" ernstlich strafrechtlich verfolgt worden sei.