Die Zahl der Kinder, die in Armut leben, ist vermutlich doppelt so hoch wie bisher angenommen. Davon geht der Paritätische Wohlfahrtsverband Hamburg aus. Zu den 48 675 Kindern unter 15 Jahren, die Sozialgeld beziehen, kommen nach Schätzungen nochmal so viele Kinder hinzu, deren Eltern aus dem sogenannten Niedriglohnsegment stammen und kaum mehr Geld haben.
Angesichts der alarmierenden Zahlen hat SPD-Fraktionschef Michael Neumann einen Fünf-Punkte-Plan gegen Kinderarmut aufgestellt. Darin fordert er unter anderem, daß mindestens 2500 weitere Ganztags-Kitaplätze geschaffen werden müssen und in Problemstadtteilen mehr Ganztagsschulen eingerichtet werden. Und: "Wir brauchen mehr günstige Mietwohnungen für Familien", so Neumann. "Pro Jahr müssen zusätzlich 2500 Sozialwohnungen gebaut werden."
Bernd Reinert, CDU-Fraktionschef, kann darüber nur den Kopf schütteln. "Natürlich sind die Vorschläge sinnvoll, aber wo soll das Geld herkommen?" Neumann hat eine Antwort: "Der Senat gibt im Jahr zehn Milliarden Euro aus. Das Kinder-Sofortprogramm würde nicht einmal ein halbes Prozent davon ausmachen. Auch ohne Kassensturz ist schon heute klar, daß Geld da ist: bei Marketing, Gutachten, Versuchen von Verwaltungsreformen, Leuchtturm-Projekten wie der U-Bahn in die HafenCity oder dem Unsinn mit dem Planetarium."
"Das Geld, das wir jetzt ausgeben müßten, ist nur ein Bruchteil dessen, was an Folgekosten auf uns zukommen wird", sagt Richard Wahser, Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Hamburg. Arme Kinder seien in der Regel in einem schlechteren Gesundheitszustand und hätten weniger Bildungschancen. Wahser: "Wir sitzen auf einer Zeitbombe. Das wird uns irgendwann Millionen kosten."