Kinder verbringen ihre Zeit in Deutschland zu oft und zu lange vor dem Fernseher - mit Gewalt- und Action-Filmen oder Computerspielen, zum Teil mit jugendgefährdendem Inhalt. Das kritisierte Prof. Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, am Freitag auf einem Symposium der Deutsch-Japanischen Juristenvereinigung in der Universität. Der Kriminologe sprach von einer "Verwahrlosung der Medienkultur" in Kinderzimmern. Er berief sich auf eine neue Feldforschung des Instituts, das in Deutschland 23 000 Schüler repräsentativ befragt hat.

Indem Eltern dieses oftmals unverantwortliche Medienverhalten ihrer Kinder duldeten, gefährdeten sie "das Leistungsvermögen ihrer Kinder", so Pfeiffer. Vor allem Jungen, die lange vor dem Fernseher sitzen, brächten "schlechte Schulnoten nach Hause". Den Forschungsergebnissen zufolge haben bei den deutschen zehnjährigen Jungen bereits 30 Prozent einen eigenen Fernseher in ihrem Kinderzimmer, 25 Prozent eine eigene Play Station. Erschreckend: An erster Stelle unter den Computerspielen rangieren bei den Kindern "Kampfspiele", gefolgt von Action-Filmen und sogenannten "Ego-Shooter"-Spielen (dabei schießt man am PC mit Waffen auf Gegner). Häufig seien die PC-Spiele für Kinder verboten, so Pfeiffer. "Die Jungen sind es, die sich daran berauschen, an den Vorbildern der Macht." Wenn die Eltern nicht eingriffen, unterwanderten sie die bestehenden Schutzgesetze. In Norddeutschland seien diese Mediengewohnheiten bei Kindern doppelt so stark ausgeprägt wie in Süddeutschland, so der Kriminologe. Pfeiffer über die Gründe: "Im Süden Deutschlands sind die Familien noch intakter", es gebe dort weniger Scheidungen, die Kinder und Jugendlichen seien dort etwa stärker in Vereinen aktiv.

Insgesamt sei die Jugendgewalt in Deutschland zurückgegangen, behauptete Pfeiffer, "es bemerkt nur kaum jemand". Denn: Subjektiv bestehe der Eindruck, daß es immer mehr Straftaten gebe. In einigen Bereichen steigen die Kriminalitätszahlen: So zum Beispiel bei den Körperverletzungen , die mit Waffen verübt wurden: Im vergangenen Jahr gab es hier doppelt so viele tatverdächtige Jugendliche wie elf Jahre zuvor. Elterliche Gewalt in der Familie sei ein zentraler Einflußfaktor für Jugendgewalt. Die Straftaten in Schulen seien zurückgegangen, sagte Pfeiffer. Er berief sich auf Informationen von Schuldirektoren. Ein Grund für den Rückgang von Straftaten in Schulen sei, "daß die Polizei in den Schulen mehr Präsenz zeigt als zuvor".