Dankbarkeit: Gespräch mit dem Stifterehepaar Helmut und Hannelore Greve uber Kultur, Wissenschaft - und Engagement

"Der 28. September wird unser stolzester Tag sein. Mehr als die Ehrenbürgerwürde kann man nicht erreichen. Es ehrt uns, daß Hamburg unser Engagement für Kultur und Wissenschaften bestätigt und anerkennt. So kann man das Häßliche vergessen, das man erlebt, wenn man Gutes tun will", sagt die Unternehmerin Hannelore Greve, der in vier Wochen, gemeinsam mit ihrem Ehemann Helmut, die Ehrenbürgerwürde der Freien und Hansestadt verliehen werden wird.

Die Greves sind das erste Ehepaar, dem in Deutschland gemeinsam die höchste Ehre zuteil werden wird, die eine Gemeinde zu vergeben hat. Seit 61 Jahren denken, handeln und sprechen beide als ein Team: Am 14. September 1944 hatten der 22 Jahre alte Marine-Oberfähnrich Helmut Greve, ein geborener Hamburger, und die 17 Jahre alte Schülerin Hannelore in Wesel (Niederrhein) mit Kutsche, Glockenklang und Kanonendonner von der nahen Front geheiratet - eine Ehe ohne Zukunft, wie es schien.

Aber die Würfel fielen anders. Aus dem Nullstart im zerstörten Hamburg wurde die Erfolgsgeschichte einer Zweier-Crew, die sowohl eine Unternehmensgruppe von 20 Firmen führt als auch als Stifter-Ehepaar Außerordentliches vollbringt. Hilfswerke für Straßenkinder, alte Menschen, Spitäler und Universitäten zwischen Bolivien und Bulgarien, die größte private Stiftung für Wissenschaften in Deutschland, 75 Millionen Euro für die Hamburger Universität und zuletzt eine 30-Millionen-Euro-Zusage für Hamburgs größtes Kulturprojekt, die Elbphilharmonie, stehen dafür. Gemeinsam erlebten beide den Dank wie auch den Undank. Dieser reichte vom Vorwurf der Vorteilnahme bis zu Schlimmerem.

"Wir freuen uns, aber die Vorwürfe sind nicht vergessen", sagt Dr. Helmut Greve (84). "Hamburgs damaliger Bürgermeister Henning Voscherau hatte vor Jahren zu uns gesagt: ,Sie dürfen keine Vorteile für Ihre Wohltaten erwarten.' Wir wären aber schon dankbar gewesen, wenn man uns keine Knüppel zwischen die Beine geworfen hätte. Und die Knüppel haben sich noch vermehrt."

Helmut Greve zitiert Henning Voscheraus öffentlichen Protest von 2003, als es um angebliche Koppelungsgeschäfte beim Bau der Universitäts-Flügelbauten ging: "Die Vorwürfe sind unbegründet, sie sind ein unbegreifliches Ärgernis. Es darf einfach nicht so weitergehen, daß die beiden Mäzene seit fast einem Jahrzehnt grundlos mit Häme überzogen und unsachlich angegriffen werden. Wer wollte in Hamburg eigentlich noch mäzenatisch viel geben, wenn Verdächtigung die Folge ist?" "Schenken tut niemand kränken", hieß es früher. Heute dagegen fragen Kritiker automatisch: "30 Millionen Euro für die Ehrenbürgerwürde?"

"Wir haben bereits 2002 in Berlin Hamburger Persönlichkeiten die Frage gestellt: Wie könnte man eine Philharmonie unterstützen? Es war klar, daß Hamburg eine Philharmonie brauchte. Wir haben das Thema immer wieder angesprochen. Als die Elbphilharmonie-Pläne schließlich vorgestellt wurden und über Großsponsoren gesprochen wurde, wußten wir: Wir müssen uns engagieren!" sagt Hannelore Greve. "Aber erst nachdem uns Bürgermeister Ole von Beust über die geplante Ehrenbürgerschaft informiert hatte, sagten wir: ,Wir sind bereit, Ihrem Vorschlag zu folgen, die Philharmonie an dem vorgesehenen Ort zu unterstützen.'"

Das Ehepaar Greve will sein wissenschaftliches und kulturelles Engagement in Zukunft noch verstärken - obwohl sich beide im Alter von 83 und 78 Jahren allmählich aus dem operativen Geschäft zurückziehen werden. Auf Hannelore Greves Schreibtisch liegen zahlreiche Briefe Hamburger Schulkinder, für die sie jahrelang Kochunterricht und täglich warme Mahlzeiten gestiftet hatte. Ein Kind schrieb: "Frau Greve, bleiben Sie hübsch gesund, daß Sie weiter bezahlen können!"

Vielleicht ist das der höchste Grad wahrer Dankbarkeit.