Baupläne: Wegen der Erweiterung des Johanneums müssen 15 Laubenpieper weichen.

Wenn die Bagger kommen, wollen sie nicht zusehen. Nicht zusehen, wie ihre liebevoll gepflegten Kleingärten dem Erdboden gleichgemacht werden. Die 15 Kleingärtner vom Verein Goldbek auf dem Gelände hinter der Gelehrtenschule des Johanneums sind nicht empört, daß ihre Parzellen 2005 den Erweiterungsplänen des Gymnasiums (wie berichtet) weichen müssen. Sie wußten, das Land ist Bauland, die Idylle eine Frage der Zeit. Sie sind traurig. Und eins stört sie gewaltig: "Wir hätten es gern auf geradem Weg und nicht aus der Zeitung erfahren", sagt Hans-Joachim Kummer, mit 82 Jahren der Senior auf dem Gelände.

Noch ist die Idylle perfekt: Milde Novembersonne läßt das kleine Paradies im Herzen von Winterhude in Gelb- und Grüntönen leuchten. An manchen Bäumen hängen noch Äpfel. "Hier, nehmen Sie, die haben ein ganz besonderes Aroma", sagt Kummer. Ein knappes Jahr haben er und seine Nachbarn noch Zeit, dann müssen sie ihre Lauben räumen. Eine Abschiedsparty, die wird es vermutlich nicht geben. "Dazu ist es zu traurig", sagt Georg Kiessling (75). Die ersten Gerüchte von einer Erweiterung der Schule waren im Mai aufgekommen. Hans-Joachim Kummer verzichtete daraufhin erst mal darauf, die Fenster seiner Laube zu erneuern.

Beide Männer werden versuchen, einen anderen Kleingarten in der Nähe zu finden. Wegen der Kinder und Enkel, die gerne zu Besuch kommen. Kummers Enkeltöchter hatten ihre eigene Art, mit der für sie schlechten Nachricht umzugehen: "Die Zehnjährige hat den Artikel zerrissen, die Jüngere geweint." Karen Bade (41) und ihre Töchter Mia (5) und Ella (2) wohnen in einem an die Kleingärten angrenzenden Neubau. "Für uns war die Parzelle wie ein Vorgarten. Jetzt überlegen wir umzuziehen, aber etwas Vergleichbares finden wir wohl nie wieder."

Schon mehrfach hatte es Begehrlichkeiten hinsichtlich der verbliebenen 3000 Quadratmeter Bauland hinter dem Johanneum gegeben. Immer waren die Pläne an der Finanzierung gescheitert. 1992 mußten die ersten zwölf Kleingärnter weichen, es wurden Wohnungen gebaut. Die Erweiterung des Johanneums schien lange unmöglich. Nun fand sich ein Sponsor, der einen Millionenbetrag für die Neubauten bezahlen will.