Niendorf: Läden schließen, Investoren fehlen, kaum Passanten in der Einkaufsstraße.
Es quietscht leise, wenn der Bär aus Holz mit der Eistüte winkt. Die mannsgroße Werbefigur steht am südlichen Ende der Einkaufsstraße Tibarg vor einem Cafe. Nur wenige Passanten verlieren sich auf dieser Seite der Fußgängerzone in Niendorf, acht Kilometer nordwestlich von Hamburgs Zentrum. Die Videothek an der Ecke steht seit Wochen leer, die Post nebenan seit eineinhalb Jahren. 50 Meter weiter kündigt ein Aushang an, dass das Lebensmittelgeschäft in der kommenden Woche schließt. Zwei Jahre lang versuchte die Handelskammer, Investoren in diese Ecke des kaufkräftigen Stadtteils zu ziehen - ohne Erfolg. "Passiert ist nicht viel", bilanziert der Eimsbüttler Baudezernent Reinhard Buff (58). "Das Ergebnis war null. Hier muss dringend etwas getan werden."
Verödet Tibarg Süd? Obwohl in Niendorf fast 40 000 Menschen leben, bleiben an dieser Stelle die Kunden weg. "Wir stehen alle mit dem Rücken an der Wand", sagt Unternehmer Klaus Lindenberger (64), Vorsitzender der Werbegemeinschaft und Eigentümer eines Modegeschäfts. "Es ist ein Überlebenskampf." Bodenwellen aus Pflastersteinen trennen die beiden Seiten der hier fast 40 Meter breiten Straße, die an einen Friedhof und das Niendorfer Gehege grenzt. "Hier wurde schon vor 20 Jahren falsch geplant", so Lindenberger. "Die Wellen müssen wieder weg."
"Alle hochwertigen Geschäfte ziehen sich vom südlichen Ende zurück", hat Modeverkäuferin Anke Trautmann (55) beobachtet, die seit 1967 im Stadtteil lebt. "Immer mehr Primitivgeschäfte kommen her. Das Niveau sackt in den Keller. Das macht mich traurig als Niendorferin." Stadtplaner schlugen vor, den nahen Wochenmarkt auf den Tibarg umzusiedeln - Kosten: knapp 1,5 Millionen Euro. Bernd Simon, Vizepräsident des Landesverbandes des Ambulanten Gewerbes und der Schausteller, lehnt den Plan ab: "Auf dieses Experiment können wir uns in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht einlassen." 100 Meter weiter ein anderes Bild. In Höhe des Eingangs zur U-Bahn-Station Niendorf-Markt verläuft der Trennstrich: Am nördlichen Ende der Einkaufsstraße kann von Kundenmangel keine Rede sein. Anwohner bummeln zwischen Reformhaus, Drogerie und Coffeeshop. Das Tibarg-Center lockt mit 450 Stellplätzen und 60 Geschäften. "Das Einkaufszentrum wirkt wie ein Staubsauger", sagt Baudezernent Buff. Doch hätte es nicht eröffnet, so Buff weiter, ginge es der Straße noch schlechter.
Abhilfe für den Tibarg ist so bald nicht in Sicht. Erst nach der Wahl soll eine neue Arbeitsgruppe Vorschläge für den Tibarg sammeln. Klaus Lindenberger mietete für sein Modegeschäft vor kurzem einen zweiten Laden dazu. "Ich glaube immer noch an diesen Standort", sagt er.