Vanille, Balsam, Olivenöl. Eigentlich ist die Substanz, die Martin Colberg jedes Jahr vor Ostern im St.-Marien-Dom anmischt, keine außergewöhnliche...

Vanille, Balsam, Olivenöl. Eigentlich ist die Substanz, die Martin Colberg jedes Jahr vor Ostern im St.-Marien-Dom anmischt, keine außergewöhnliche Flüssigkeit. Doch das "Chrisam" gehört zu den Urelementen der christlichen Liturgie. In der katholischen Kirche wird es bei Taufen, Firmungen und Priesterweihen eingesetzt.

Bis die fünf Liter Olivenöl (aus der Apotheke), die Colberg auf einer Kochplatte im Mariendom erhitzt hat, die richtige Menge Vanilleextrakt (aus Madagaskar) und Balsam (aus Peru) enthalten, kann es schon mal eine Stunde dauern. "Erst wenn der Geruch eine bestimmte Intensität hat und der ganze Dom davon erfüllt ist, stimmt die Mischung." Bevor das Chrisam verwendet werden darf, muss es noch geweiht werden. Bei der Chrisammesse, die heute im Mariendom gefeiert wird, nimmt Erzbischof Werner Thissen das Öl und haucht darüber - erst damit ziehe der Heilige Geist ein, glauben die Katholiken. Später wird das Chrisam unter den 140 Priestern des Erzbistums verteilt - in Fläschchen mit bis zu 50 Millilitern. Die Bischöfe bekommen mehr, denn sie verwenden es häufiger.

Etwa 5000 Katholiken werden bis Ostern kommendes Jahres in den 102 Gemeinden des Erzbistums mit dem Chrisam gesalbt werden. Was dann nicht verbraucht ist, muss entsorgt werden. Weil geweihtes Öl aber nicht einfach in den Abfluss gekippt werden kann, wird es in das Osterfeuer gegossen, das alljährlich am Ostersonntag um sechs Uhr morgens vor dem Mariendom entzündet wird.