Baden-Württembergerin bekam ihr Kind in Hamburg und wartet seit drei Monaten auf Mutterschaftsgeld und die Verlegung. DAK weist Vorwürfe zurück.

36,5 Zentimeter groß war Laura. Wog nur 850 Gramm, als sie am 20. Dezember das Licht der Welt erblickte. Dreieinhalb Monate zu früh. Vorbereitet war darauf niemand. Ihre Mutter Susanne Seyfried (30) nicht, die für einen befristeten Job in Hamburg weilte, und Vater Maik (39), der im baden-württembergischen Schwenningen 800 Kilometer von Hamburg entfernt wartete, auch nicht.

Kurz vor Weihnachten wurde das Mädchen in der Perinatalstation des UKE auf dem Gelände der Asklepios Klinik Altona geboren und kam in einen Brutkasten. Während Laura um ihr Leben kämpfte und beim Atmen unterstützt wurde, rang die junge Familie mit ihrer Krankenkasse. "Wir fühlen uns vollkommen im Stich gelassen", sagt Susanne Seyfried.

Die Liste mit Vorwürfen ist lang: Bis Mitte März erhielt die Familie von der DAK kein Mutterschaftsgeld. Dann kam ein Vorschuss, aber nicht die gesamte Summe. Die Mutter wollte bei Laura bleiben, kümmerte sich um eine Bleibe. Doch erst nachdem die Klinik ihren Zimmerpreis senkte, war die DAK bereit, die Kosten für Seyfrieds Aufenthalt in einer Klinikunterkunft zu übernehmen. Die Verlegung des Frühchens in eine Klinik in der schwäbischen Heimat lehnte die DAK ab - obwohl sie von den Hamburger Ärzten befürwortet wurde. Gleichwohl weigerte sich die DAK, Fahrkosten des besorgten Vaters aus Schwenningen zu übernehmen, obwohl seine Besuche wünschenswert seien, "weil sie den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen", wie es in einem Schreiben heißt. "Wir konnten nichts aufbauen, nichts für Laura vorbereiten. Ich lebe seit mehr als drei Monaten allein auf dem Klinikgelände", klagt Susanne Seyfried. 1700 Euro hat die Familie bislang für Verpflegung und Fahrkosten ausgegeben: "Das Geld sollte für Laura und nicht für den Krankenhausaufenthalt sein", sagt die 30-Jährige verärgert. "Die Situation hier, die Angst um unser Kind ist schlimm, der Kampf mit der DAK raubt uns die letzte Energie."

Fast einen Monat brauchte die DAK allein für die Entscheidung, ob Laura verlegt wird. "Sie haben uns hingehalten", kritisiert die Mutter, "bis sich Lauras Zustand stabilisiert hatte." Heute wird Laura entlassen, fahren die Seyfrieds zurück nach Schwenningen - statt mit einem Großraumtaxi samt Krankenschwester jedoch mit Bus und Zug. Die Kasse kommt dafür nicht auf. "Allein der Gedanke, Laura ganz allein nach Hause transportieren zu müssen, macht mich ziemlich ängstlich. 800 Kilometer sind für ein Frühchen eine weite Strecke", sagt Susanne Seyfried. Die DAK weist alle Vorwürfe von sich. "Dies ist einer der Wechselfälle des Lebens", auf die man sich nicht vorbereiten könne und auf die auch die Krankenkasse nicht immer eine Antwort habe, sagt Sprecher Jörg Bodanowitz. "Als gesetzliche Krankenkasse sind wir den Vorgaben des Sozialgesetzbuches unterworfen." Der Leistungskatalog biete nur wenig Spielraum für Einzelfälle. "Im Fall Laura haben wir klar nach dem Kindeswohl entschieden." Sie sei in der spezialisierten Klinik in Hamburg besser aufgehoben als in Schwenningen. Zumal der Transport vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen wegen des zu hohen Risikos für Laura abgelehnt wurde. Da die DAK nun die Unterbringung der Mutter trage, sei die Betreuung von Laura gewährleistet. "Dazu noch die Fahrkosten des Vaters übernehmen, das dürften wir gar nicht", sagt Bodanowitz. Die Entscheidung habe so lange gedauert, weil ein Spezialist eingeschaltet worden sei und weil die Mutter einige Unterlagen zu spät eingereicht habe. Dies sei auch ein Grund dafür, warum das Mutterschaftsgeld zu spät gezahlt worden sei. Allerdings habe die DAK der Familie das komplette Mutterschaftsgeld vor fast einer Woche überwiesen. Darauf wartet Susanne Seyfried jedoch bis heute - und widerspricht: Mehrfach habe sie Unterlagen nachreichen müssen, weil sie bei der DAK nicht mehr auffindbar gewesen seien.

"In einer Situation, in der eine Frau körperlich angegriffen und um Sorge um ihr Kind ist, ist ein Bürokrieg mit der Kasse sicher eine große Belastung", sagt Anne Speck von der Unabhängigen Patientenberatung UPD in Hamburg. Susanne Seyfried hätte dringend Unterstützung von einer Beratungsstelle gebraucht. Prüften Krankenkassen früher, was dem Patienten noch Gutes getan werden könne, seien sie heute angehalten, extrem wirtschaftlich zu arbeiten. Da passe ein Fall wie die Seyfrieds nicht mehr hinein.