Zahl der Delikte steigt um 6,6 Prozent. Andreas Dressel (SPD) wirft dem Senat vor, den Bürgern Sand in die Augen zu streuen. Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) verweist auf Erfolge.
Sie hatten getrunken, waren aggressiv und fanden ihr wehrloses Opfer. Drei Jugendliche prügelten am Neujahrsmorgen 2008 einen 55 Jahre alten Frührentner in Niendorf fast tot. Beispielhaft steht dieser Fall für die zunehmende Straßengewalt im vergangenen Jahr. Die Zahl der gefährlichen und schweren "Körperverletzungen auf Straßen, Wegen und Plätzen", wie diese Delikte in der Kriminalstatistik genannt werden, hat im Jahr 2008 um 225 auf 3652 zugenommen - ein Plus von 6,6 Prozent zum Vorjahr. Bereits im Vergleich der Jahre 2006 und 2007 verzeichnete die Polizei einen Anstieg um 12,1 Prozent.
"Das Risiko, in Hamburg auf der Straße Opfer einer schweren Gewalttat zu werden, ist im letzten Jahr nochmals gestiegen. Die Zahlen widerlegen auch den Innensenator, der bei Vorstellung der Kriminalitätsbilanz 2008 den Eindruck erwecken wollte, die Gewalt in Hamburg sei auf dem Rückzug", sagte SPD-Innenexperte Andreas Dressel. Er wirft Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) vor, öffentlich zu vermelden, dass es einen Rückgang beim Straßenraub gab, gleichzeitig aber nicht von der zunehmenden Straßengewalt zu sprechen. Dressel: "Das ist Rosinenpickerei und hat mit einem vollständigen Lagebild für die Öffentlichkeit nichts zu tun. Der Senator streut den Bürgern Sand in die Augen."
Ahlhaus erwidert, dass die Polizeipräsenz in Brennpunkten wie St. Pauli erhöht worden sei. "Außerdem haben wir das Waffentrageverbot und die Videoüberwachung eingeführt." Das führe unter anderem auch zu einer Aufhellung des Dunkelfeldes und zu einer weiteren Steigerung der Anzeigebereitschaft. "Außerdem haben wir jetzt, als weitere Maßnahme, ein Glasflaschenverbot auf den Weg gebracht. Zu all diesen Maßnahmen war die Opposition niemals fähig. Und auch heute hinkt sie der Realität wieder meilenweit hinterher. Das ist unglaubwürdig, fast schon peinlich."
In der Tat ist St. Pauli der Brennpunkt im Zusammenhang mit Straßengewalt. 750 Taten zählte die Polizei dort 2008. Damit hält dieser Stadtteil das hohe Vorjahresniveau. Mit großem Abstand dahinter kommt St. Georg mit 274 Taten (plus elf), gefolgt von Billstedt (174, plus 36), Wilhelmsburg (130, minus 13), und Bergedorf (93, minus 31). Starke Zunahmen sind in Barmbek-Nord (91, plus 52) und Steilshoop (54, plus 35) zu verzeichnen. Ein Vergleich zwischen den Bezirken ist für das Jahr 2008 nicht möglich. Durch die Gebietsreform im vergangenen Jahr wurden etwa der Stadtteil Klostertor aufgehoben sowie die Stadtteile HafenCity und Sternschanze neu eingerichtet. Und Wilhelmsburg liegt nun in Mitte und nicht mehr in Harburg. Klar ist deshalb, dass der ohnehin schon bei der Straßenkriminalität führende Bezirk steigende Zahlen zu verzeichnen hat.
Immerhin gibt es trotz steigender Gesamtzahlen auch eine positive Entwicklung zu vermelden: Die Polizei steigerte ihre Aufklärungsquote bei der Straßengewalt in einem Jahr um fast drei Prozentpunkte auf 70,2 Prozent.