Ochsenwerder: Bergedorfs Bezirksamtsleiter kämpft für den Fortbestand des historischen Hauses

Streng genommen geht Rieges Gasthof den Bezirksamtsleiter gar nichts an. Doch Bergedorfs Verwaltungschef Christoph Krupp (43) hat ein Herz für das Ochsenwerder Traditionslokal. Persönlich will er sich jetzt darum bemühen, dass der 173 Jahre alte Gasthof mit "einem der schönsten Säle der Vier- und Marschlande" erhalten bleibt.

Aber die Zeit drängt, denn Rieges Gasthof, in dem Generationen Ochsenwerder Hochzeiten und Beerdigungen feierten, in dem die Jugend in den Mai tanzte, und wo es nach anständigen Raufereien zu feuchtfröhlichen Versöhnungen kam, steht seit 1999 praktisch leer. Wenn sich nicht bald ein Pächter mit einem überzeugenden Konzept findet, wird die Eigentümerin SpriAG den Gasthof wohl verkaufen. "Das", glaubt Krupp, "wäre das sichere Aus für das alte Gebäude, das dann wohl abgerissen würde."

Am liebsten wäre Bezirksamtschef Krupp ein Pächter mit Ideen, der das Lokal im Herzen Ochsenwerders wieder zu einem Veranstaltungsort und Ausflugsziel macht. Aber auch eine Seniorenwohnanlage könnte er sich vorstellen. Sicher ist allerdings, dass vor einer Nutzung umfangreiche Sanierungen und entsprechend hohe Investitionen stehen werden. Zwei Gründe, warum es in den vergangenen zwölf Jahren so schwierig war, den historischen Gasthof langfristig zu verpachten.

Schon 1766 erwarb die Familie Riege das Grundstück am Ochsenwerder Kirchendeich, wo Johann Philipp Riege am 19. April 1829 seine Gastwirtschaft eröffnete. Aus der eigenen Destille wurden Schnaps und Rum auch außer Haus verkauft. Ein lohnendes Geschäft, das dazu führte, dass der Gasthof ständig erweitert wurde. Prunkstück ist bis heute der große Saal für 600 Gäste, in dem Ochsenwerders Schüler noch bis 1968 an Reck und Barren turnten.

Und genau dieser Saal, so der Wunsch vieler Einheimischer, soll unbedingt erhalten bleiben. Deshalb wurde Anfang der 90er, als eine Erbengemeinschaft den Gasthof verkaufen wollte, der Verein "Unser Dorf erhalten - Riege retten" gegründet. Und tatsächlich gelang es 1993, die Sprinkenhof AG zum Kauf des Gebäudes zu bewegen.

Ein Teil sollte später zum Bürgerhaus werden, ein Pächter übernahm die Gastronomie. Doch es gab Streit um die Sanierung, so dass seit 1999 nur noch ein kleiner Teil des Gasthofs als Büro des Vereins genutzt wird. Aber auch dieser Vertrag läuft zum Jahresende aus, weil "Unser Dorf erhalten e. V." die Heizkosten nicht mehr aufbringen kann.

"Uns ist ein wenig die Luft ausgegangen", sagt Marja Dose (53) vom Vereinsvorstand. Sie kann sich in dem Gebäude auch ein Hotel für Seminare oder eine Tanzschule vorstellen. Unumgänglich sei jedoch, dass die SpriAG entweder investiere oder einem Pächter die Miete für einige Zeit erlasse. "Es wäre schön, wenn wir 2004 die 750-Jahr-Feier Ochsenwerders in Rieges Gasthof feiern könnten", sagt sie.

Aber: "Bisher haben wir keinen Mieter gefunden, mit dessen Nutzungskonzept wir einverstanden wären", sagt SpriAG-Vorstand Karl-Heinz Ehlers (60). Auch er könne sich eine Altenwohnanlage vorstellen, möchte aber am liebsten einen Gasthof in dem Gebäude behalten.

"Wichtig ist, dass die Nutzung zum dörflichen Charakter Ochsenwerders passt", sagt er. Eine reine Wochenendnutzung etwa als Diskothek käme nicht in Frage.

"Das Problem ist nur", gibt Karl-Heinz Ehlers zu bedenken, "dass wir im Moment nicht gerade in Zeiten leben, in denen einem die Pächter auf der Suche nach Lokalen die Tür einrennen."