Es geht um 33 Millionen Euro. Hochschulen investieren das Geld lieber in günstige Dozenten und Sachmittel. SPD sieht Qualität der Lehre in Gefahr.

Jede fünfte Professorenstelle in Hamburg ist nicht besetzt. Von insgesamt 1580 Planstellen sind 333 (21 Prozent) nicht mit Hochschullehrern dieses akademischen Grades belegt. Das teilte die Wissenschaftsbehörde auf Abendblatt-Anfrage mit.

Demnach entspricht eine Professorenstelle einem Betrag von 100 000 Euro pro Jahr. Das bedeutet, an den acht öffentlichen Hochschulen der Hansestadt wird eine Summe in Höhe von insgesamt 33 Millionen Euro anders ausgegeben als offiziell ausgeschrieben. Im Schnitt werden nur 58,5 Prozent davon weiter für Personal veranschlagt, für Dozenten, wissenschaftliche Hilfskräfte und Mitarbeiter. Der Rest fließt in Ausstattung wie Geräte oder Literatur.

Dazu Timo Friedrichs, Sprecher der Wissenschaftsbehörde: "Wir befinden uns in einem Strukturwandel, die Hochschulen planen ihre Personalausstattung seit einem Jahrzehnt weitgehend selbstständig." Bis 1996 waren Universitäten unmittelbar an Weisungen der Politik gebunden. Nun orientieren sie sich an deutlich flexibleren "Ziel- und Leistungsvereinbarungen". Der Personalbedarf werde "moderneren Lehr- und Forschungsmethoden angepasst", sagt Friedrichs. Fest steht: An den Hochschulen der Hansestadt arbeiten immer weniger Professoren.

So waren an der Universität Hamburg im Jahr 2002 von 648 Professorenstellen 39 nicht besetzt, im Jahr 2007 schon 125 von 670. Unter dem Strich also 64 Professoren weniger, das bedeutet aktuell eine Vakanz von fast 20 Prozent. Die Zahl der Studierenden blieb in diesem Zeitraum hingegen nahezu gleich. "Dieser Abbau der Stellen liegt im bundesweiten Trend", sagt Behördensprecher Friedrichs. "Die Stellenzahlen stammen noch aus den 80er-Jahren, in denen übermäßig viele Professoren an den Hochschulen unterrichtet haben." Anders als andere Hochschulen der Stadt verwendet die Uni Hamburg den eingesparten Betrag nahezu komplett (95 Prozent) wieder für nebenberufliches Personal, beispielsweise Lehraufträge. Mit einer Professorenstelle können beispielsweise zwei wissenschaftliche Mitarbeiter finanziert werden, heißt es in der Behörde. Zudem seien die Stellenzahlen lediglich die verfügbare Anzahl von Planstellen, die eben nicht komplett besetzt sein müssten. Auch sei die Wiedereinrichtung einer aufgegebenen Planstelle nicht ohne Weiteres möglich. Die Studierendenvertretung AStA trauert zwar nicht jeder zweckentfremdeten Professorenstelle hinterher. "Nicht alle Seminare müssen von Professoren geleitet werden, viele auf die Lehre spezialisierten Dozenten können Inhalte sogar besser vermitteln", sagt der AStA-Vorsitzende Benjamin Gildemeister. Problematisch werde es jedoch spätestens zum Ende des Studiums, da nur Professoren auch prüfungsberechtigt seien. "Studierende haben ihre Seminare oft bei Dozenten gehabt, müssen dann aber zu einem nahezu unbekannten Professor gehen, um sich prüfen zu lassen."

Zudem müsse die Uni von einer Hochschule weiterhin unterscheiden, dass Lehrende dort auch eigenständig forschen.

Wie eigenständig die Unis mit ihrem Budget umgehen, zeigt das Uniklinikum Eppendorf. Im Jahr 2007 waren hier von 188 Professorenstellen 76 frei, das entspricht einer Vakanz von mehr als 40 Prozent. Im Gegenzug wurden 71 Prozent des gesparten Geldes für technische Ausstattung ausgegeben. Noch im Jahr 2001 arbeiteten hier 86 Professoren mehr. Dekan Uwe Koch-Gromus versichert, dass der Stellenrückgang ausschließlich Forschung und Lehre, nicht die Patientenbehandlung betreffe. Es habe einfach zu viele Professoren und zu wenig wissenschaftliche Mitarbeiter gegeben, dieses Personalverhältnis sei jedoch wenig effizient. "Ziel ist, fünf wissenschaftliche Mitarbeiter zu beschäftigen und diese mit angemessener Technik auszustatten." Zudem beschäftige das UKE zunehmend Oberärzte als Angestellte, dies sei flexibler als die klassische Professorenstelle. "Unter dem Strich sind bei einer Konzeption wie im UKE Planstellen ein Relikt aus alten Zeiten", sagt Dekan Koch-Gromus.

An der Hochschule für bildende Kunst (HfbK) stellt sich die Situation noch einmal anders dar: 26,3 Prozent der Professorenstellen waren 2007 nicht besetzt, davon wurden nur zwei Drittel des Geldes in Personal gesteckt, der Rest floss in Ausstattung.

SPD-Hochschulexpertin Dorothee Stapelfeldt befürchtet, dass die Freiheit der Hochschulen zu weit geht. Zwar sei eine Selbstständigkeit teilweise zu begrüßen, schließlich seien Personalbedarfe an den Unis selbst am besten bekannt. "Dennoch hat es einen Sinn, dass ursprünglich so viele Professorenstellen eingeplant waren. Immerhin wurde auf diesem Verhältnis berechnet, wie viele Studierende zugelassen werden dürfen, um sie mit angemessener Qualität der Lehre ausbilden zu können." Die SPD werde die Bedingungen nun "genauer prüfen", kündigte Stapelfeldt gegenüber dem Abendblatt an.