Nach dem Bericht der Abendblatt-Serie “So war's“: Denkmalamt kämpft für die Rettung des historischen Areals.
Eisig pfeift der Wind durch die Eisenbahnhallen an der Harkortstraße in Altona. Von außen wirkt die Anlage wie ein Stück aus der guten alten Zeit: Kopfsteinpflaster, Holzbalken und Ziegelmauern, gusseiserne Pfeiler, Laderampen, Schienen. Drinnen erschließt sich eine riesige, abgeräumte Fläche. Sonnenlicht fällt durch die hohen Fenster auf den steinernen Fußboden. Hier müsste es Konzerte geben, Gastronomie, Leben. Stattdessen: gähnende Leere auf rund 10 000 Quadratmetern. Am Ende der Halle stoppt ein provisorischer Drahtzaun die Besucher. Durch ihn kann man in die abgesperrte Nordhalle, den alten "Kopfbahnhof" blicken. Eine Szenerie wie aus einem Heimatfilm: Altmodisch und unberührt wirkt das Ganze - eine ehemals hoch technisierte kleine Welt, die jetzt im Dornröschenschlaf vor sich hin dämmert. Wie lange die Hallen noch stehen werden, kann zurzeit niemand sagen. Ihre Tage scheinen gezählt - doch das Denkmalschutzamt gibt nicht auf. Das Abendbatt hatte in seiner Geschichtsserie "So war's" unter dem Titel "Wie Hamburg seine Vergangenheit abräumt" auf die Bedrohung alter Gebäude durch den Abrissbagger hingewiesen. Das Schicksal der Halle neben dem markanten Kopfgebäude steht stellvertretend für das gesamte Ensemble. Sie wurde um 1880 errichtet und bis in die 20er-Jahre erweitert. Sie ist ein "erkanntes" Denkmal und sollte möglichst unter Schutz gestellt und erhalten werden. Das Amt kämpft seit Monaten für die Halle, aber die Rettung ist nicht so leicht, wie man sich das von außen vorstellt. Das gesamte Areal - eine Fläche von rund 60 000 Quadratmetern rund um den Altonaer Bahnhof - ist eine begehrte Entwicklungsfläche. Die Stadt möchte hier groß bauen, auch Investoren stehen parat.
Gabriele Bohnsack-Häfner, stellvertretende Leiterin des Denkmalschutzamts, ist im ständigen Gespräch mit der Bahntochter Aurelis, der das Gelände gehört. Sie bezeichnet die Halle als "einen Schatz mit viel Potenzial". Wie soll man ihn heben? Ideal wäre eine Kombination aus Alt und Neu: Die Anlage könnte zum Beispiel in ihren Grundzügen erhalten und dann überbaut werden. Die ehemaligen Straßenbahnwerkstätten am Falkenried sind ein vergleichbarer Fall, bei dem es schon mal geklappt hat - Alt und Neu sind glücklich miteinander verbunden, sie "korrespondieren", wie die Experten sagen. Der zum Teil jahrelange Leerstand nagt an der Substanz - Frost- und Wasserschäden sind häufig die Folge, die Sanierung wird immer schwieriger. Die Substanz der Eisenbahnhallen ist im Kern gut - noch jedenfalls. Die Zeit drängt. Das Problem: Das Denkmalamt kann Besitzer erkannter Denkmäler nicht zu deren "Rettung" zwingen. Für das Amt bedeutet das: intensive Gespräche führen, Überzeugungsarbeit leisten, um Verständnis werben, so Pressesprecherin Kristina Sassenscheidt. Im Idealfall bekommt man alle unter einen Hut: Besitzer, Investoren, Bezirksamt. "Am besten ist es, so etwas partnerschaftlich zu regeln", sagt Bohnsack-Häfner, und: "Nichts ist gut, wenn man innerlich dagegen ist." Der Meinung ist auch Hisko Gentzsch von der Aurelis, aber er bleibt vorsichtig. Natürlich könne man über alles reden - aber erst mal muss ein überzeugendes Gesamtkonzept vorgelegt werden - und das kann dauern. Die Hallen liegen also weiter brach, und ein Happy End ist nicht in Sicht.
Die Abendblatt-Serie "So war's" greift historische Themen auf, die Hamburg in der Vergangenheit beschäftigt haben und zum Teil auch noch heute stark beschäftigen. Ausführlich wurde darin über die langjährige "Abrissgeschichte" der Stadt, über die Schneekatastrophe vom Winter 1978/79, über die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise von 1929 auf Hamburg und über spektakuläre Konzerte in unserer Stadt berichtet. Dazu gab es Interviews mit Zeitzeugen und Experten. Unter www.abendblatt.de/archiv im Internet finden Sie alle Ausgaben des Abendblatts seit 1948 digitalisiert. Unter www.abendblatt.de/fotochronik gibt es zudem viele historische Bilder.
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