Sondersitzung: Stundenlanges Frage- und Antwort-Spiel. Es wurde dramatisch im Kaisersaal. Wellinghausen kämpft.
Der Tag von Innenstaatsrat Walter Wellinghausen (59) hat ungewöhnlich früh begonnen. Schon seit 7 Uhr morgens sitzt er an seinem Schreibtisch in der Innenbehörde und bereitet seine Verteidigungsstrategie vor. Wellinghausen studiert Zeitungen und Akten - alles, was ihm während seines Urlaubs im fernen Montana (USA) entgangen ist. Alles in Vorbereitung für seinen schwersten Gang als politischer Beamter. Der beginnt exakt um 17.02 Uhr an diesem Montag. Wellinghausen, dunkelblauer Einreiher, dezente Krawatte, betritt mit seinem Vorgesetzten, Innensenator Ronald Schill, den voll besetzten Kaisersaal des Rathauses. Blitzlichtgewitter. Sie lächeln. Und sie sind entschlossen zu kämpfen. Komme, was da wolle. Der Ausschussvorsitzende Karl-Heinz Warnholz (59, CDU) eröffnet die Sitzung. Er wird sich bis weit in den späten Abend darum bemühen, dass die Emotionen nicht allzusehr hochkochen. Keine leichte Aufgabe. Warnholz gibt sich betont sachlich. Er will keinen Eklat. Im Saal sind vier Zivil-Polizisten. In der Rathaus-Lounge warten weitere acht Beamte. Zur Sicherheit . . . Bevor es losgeht, gibt Schill eine Erklärung ab. Es werde alles aufgeklärt und nichts verschleiert, verspricht er. Nur das ständige Wippen mit dem linken Bein zeugt davon, dass er nicht ganz so ruhig ist, wie er vorgibt zu sein. Kein Wunder - schließlich geht es um das politische Schicksal seines besten Mannes. Wellinghausen sitzt ganz still, blättert konzentriert in Akten. In der ersten Stunde wird es den beiden leicht gemacht. Es geht darum, ob Wellinghausen Details aus einer Ermittlungs-Akte an die Presse gegeben hat, um so die SPD zu belasten, die angeblich einen Spion in der Innenbehörde sitzen hatte. Ein Neben-Schauplatz. Wellinghausen bestreitet alles. Das wird er den ganzen Abend tun. Auf diese Strategie hat sich Wellinghausen über den Tag minutiös vorbereitet. Er hat sich vormittags mit Schill-Referent Marc März (33), mit Büroleiter Dirk Nockemann (45) und mit Behördensprecher Thomas Model (33) intensiv besprochen. Er hat über eine Stunde mit Senator Schill in dessen Büro unter vier Augen gesprochen. Dann berät er sich eineinhalb Stunden lang im Rathaus mit den Ausschussmitgliedern von CDU, Schill-Partei und FDP. Inzwischen ist es 18 Uhr. Es geht um die Radiologenpraxis, die ihm bis zum Juni 2003 jeden Monat 4600 Euro überwiesen hat. "Honorar Geschäftsführung" stand auf dem Überweisungsträger. Alte Ansprüche an die Kanzlei seien das gewesen, sagt Schill. Für frühere Tätigkeiten. Wellinghausen habe nichts gemacht, als seiner Pflicht zur anwaltlichen Nachsorge nachzukommen. Unentgeltlich natürlich. Geschäftsführer sei er nie gewesen. Wellinghausen redet kaum; er erhält von Schill nur das Wort, wenn der nicht weiterweiß. Die Opposition hakt nach. Immer wieder, kommt aber nicht immer zum Punkt. Schill wird spöttisch. Arrogant. "Die Frage zeugt von der Naivität einiger Abgeordneter", sagt er zur GAL-Politikerin Sabine Steffen (44), als die wissen will, warum Wellinghausen seine anwaltliche Nachsorge nicht als Nebentätigkeit angemeldet habe. Und: "Herr Wellinghausen kümmert sich erfolgreich um die Bekämpfung der Kriminalität, nicht darum, ob ein Überweisungsträger vielleicht nicht korrekt ausgefüllt ist." Für Schill - den ehemaligen Amtsrichter - sind das alles ganz normale Vorgänge. Wellinghausen hat Geld von seiner Kanzlei zu bekommen; die Kanzlei hat Geld von dem Radiologen zu bekommen. Also zahlt der Radiologe direkt an Wellinghausen. "Damit wird eine Überweisung gespart", sagt Schill. Der Saal lacht. Gegen 22 Uhr dann die dramatische Wende. Als es um die Vorstandstätigkeit Wellinghausens für die Münchner Isar Klinik II AG geht, weicht Wellinghausen von seiner bisherigen Linie ab. Er räumt ein: Er hat doch Geld bekommen. Und zwar in seiner Zeit als Staatsrat. Im Kaisersaal wird es mucksmäuschenstill. Mit leiser Stimme berichtet Wellinghausen, er sei noch im April 2002 - vier Monate nach seiner Ernennung - zu einer Aktionärsversammlung nach München gefahren. "Ein Fehler." kum, jmw, rup