Der Justizbedienstete Peter Michael Zimmermann hat zehn Jahre lang Gefängnisgeschichte zusammengetragen.

Das Handy, gedacht für einen Häftling in der Zelle, lagerte in einem Roman, Rauschgift in der Heiligen Schrift. Die Werke waren ausgehöhlt, so dass das Telefon beziehungsweise die Drogen exakt hineinpassten. Dazu die Thermoskanne mit dem Geheimfach im Deckel, der zum Messer umgebaute Kugelschreiber - spektakuläre Beispiele für Utensilien, mit denen sich Häftlinge im Gefängnis ihr Leben angenehmer gestalten wollten. Der Schwindel flog jeweils auf. Nun lagern die Objekte in der Justizvollzugsanstalt Glasmoor - im bisher geheimen Knast-Museum. Das Abendblatt durfte es besichtigen. Justizbediensteter Peter Michael Zimmermann (58) hat die Objekte in seiner Freizeit seit zehn Jahren gesammelt und gepflegt, ein privates Museum geschaffen - eine in Deutschland in dieser Form einmalige Sammlung. Es sind Tausende von Memorabilien, die verschiedene Epochen des Gefängnissalltages illustrieren - Justizgeschichte. Objekte wie etwa die ausgehöhlten Bücher, in denen Außenstehende ihren Bekannten und Freunden Drogen oder andere verbotene Dinge in den Knast schmuggeln wollten - vergebens. "Es gibt eigentlich nichts, was sich Häftlinge nicht ausdenken können, ihre Kreativität ist groß, aber ich kenne fast alle ihre Tricks", sagt Zimmermann, Leiter der Inventarkammer und der Bibliothek der Haftanstalt. Er hat 30 Jahre Erfahrung im Strafvollzug, fast 40 Jahre im öffentlichen Dienst. Ein Spaziergang entlang der Regale und Objekte: Da sind die "Sputniks". Metallgegenstände mit Zwirn daran, die Häftlinge vor allem Anfang des vergangenen Jahrhunderts verschluckten. Folge: Ihr Magen spreizte sich. Sie wollten dadurch erreichen, dass man sie im Gefängnis auf die meist komfortablere Krankenstation verlegte. Präparierte Würstchendosen, ausgehöhlte Stiefelabsätze, in denen man Drogen schmuggeln kann, lagern in den Justiz-Schränken, die Säge im Stuhlbein ebenso wie das Skalpell im Kugelschreiber. Erfinderisch sind Häftlinge auch, wenn es darum ging, sich den Haftalltag zu versüßen: Ein Gefangener hatte aus einem Draht-Kleiderbügel einen Tauchsieder gemacht, ein anderer aus einem Konservendosendeckel einen strombetriebenen Ventilator. Aber auch Historisches ist zu sehen: alte Schlösser und Handfesseln, Justiz-Uniformen. Und: Ein spezieller Stuhl mit integrierter Waage - der so genannte "Terroristenstuhl", extra angefertigt für den Hungerstreik der RAF-Gefangenen. "Auf ihnen saßen einst im Hamburger Untersuchungsgefängnis RAF-Mitglieder der Baader-Meinhof-Gruppe", erinnert Zimmermann und erläutert seine Sammler-Motive: "Ich möchte mit der Sammlung auch ein Stück Geschichte bewahren, damit nachfolgende Generationen sehen, wie der Justizvollzug einst arbeitete." Ein paar Meter weiter geht es mehr als 100 Jahre zurück in die Historie: ein Blechnapf, daneben eine marode Zellentür aus dem Jahr 1900 mit Essensklappe. Und: eine nachgebaute Zelle aus den 60er-Jahren mit einer Pritsche - so residierten Gefangene damals. Originell: Beine aus Stoff mit Schuhen daran. Zimmermann: "Ein Häftling hat das gemacht. Die sollten Aufseher von der Flucht des Gefangenen ablenken. Aber der Schwindel wurde bemerkt." Ebenfalls in der Fundgrube: Objekte aus 40 Jahren Strafvollzug in der früheren DDR. Der Öffentlichkeit ist die Ausstellung bisher nicht zugänglich; offen ist sie nur für berufsspezifische interessierte Fachgruppen, auf Anfrage. Zum Beispiel für Auszubildende im Vollzugsdienst. Zimmermann nordet sie ein, auf die Raffinesse ihrer zukünftigen Klientel. Zimmermann über die Justiz-Schüler: "Alle sind verblüfft und staunen nicht schlecht über die Tricks."