Verdacht: Neue Unterlagen aufgetaucht. Widersprüche zu früheren Aussagen.

Christian Kahlenberg wirkt nervös und gereizt. Ist es das öffentliche Interesse an der "Isar Klinik II AG"? Das versteht der Vorstand nicht. "Wir sind doch nur eine Briefkastenfirma", sagt der gelernte Steuerberater über sein Unternehmen. Dabei geht es gar nicht um die Münchner AG und ihre Geschäfte, um die zwei Kliniken, die über eine Tochtergesellschaft gehalten werden oder die mehr als sieben Millionen Euro Beteiligungskapital. Es geht um Walter Wellinghausen, Staatsrat der Hamburger Innenbehörde. Der 59-Jährige war nämlich auch mal Vorstand der Isar Klinik II AG. Das ist unbestritten - offen ist nur, wie lange. "Ich habe meine Tätigkeit Ende 2001 beendet", sagt Wellinghausen. In den Akten des Handelsregisters steht ein anderer Termin. Wellinghausen wurde dort bis zum 26. November 2002 als Vorstand geführt. Und in den Akten des Unternehmens selber firmiert er im Jahr 2002 ebenfalls als Vorstand. So hat er noch am 11. Oktober 2002 unter die Einladung für eine Aufsichtsratssitzung seine Unterschrift gesetzt. Und unter seinem Namen steht auch hier: "Vorstand". Die Aufsichtsratssitzung selber war am 25. Oktober. Sie wurde abgehalten in den Geschäftsräumen von Steuerberater und AG-Vorstand Christian Kahlenberg. Dieses Gremium beschloss - so steht es im Protokoll - die Entlassung Wellinghausens "mit sofortiger Wirkung". Laut Vortrag von Kahlenberg hatte Wellinghausen per E-Mail darum gebeten. Und es gibt weitere Dokumente, die seine Tätigkeit belegen. Zum Beispiel der Jahresabschluss 2001, der vom Juni 2002 datiert ist, und der dem Abendblatt vorliegt. Unterschrieben hat Wellinghausen - für den Vorstand. Und: In dem Bericht werden die Vorstandsmitglieder extra aufgeführt. Akribisch. So sind auch zwei bereits ausgeschiedene Mitglieder erwähnt. Und dort steht auch, dass Christian Kahlenberg seit dem 10. April 2002 neuer Vorstand ist. Bei Wellinghausen steht mit Datum vom 27. Juni 2002 nur: Vorstand seit dem 10. September 2001. Kein Wort davon, dass er - wie von ihm selbst behauptet - schon im Dezember 2001 wieder ausgeschieden ist. Damals, am 21. Dezember 2001, wurde er zum Staatsrat ernannt und hätte als solcher keine Nebentätigkeit ausüben dürfen. Kahlenberg beteuert gegenüber dem Abendblatt: "Walter Wellinghausen hat doch seit Dezember nichts mehr gemacht." Und woher kommen all die Unterschriften? "Es ist denkbar, dass er noch irgendeine Einladung mitunterzeichnet hat", sagt Steuerberater Christian Kahlenberg. Gibt es eigentlich ein Kündigungsschreiben Wellinghausens? "Ja natürlich", betont Kahlenberg. Nur zeigen mag er es nicht. Einer der Aufsichtsräte wird da deutlicher. "Herr Wellinghausen war auch 2002 noch für das Unternehmen aktiv", sagte er dem Abendblatt. Wellinghausen hatte dagegen dem Abendblatt erklärt: "2002 bin ich nicht mehr innerhalb oder außerhalb als Vorstand der ISAR Klinik II AG tätig gewesen." Auch habe er 2002 keinerlei Vergütungen erhalten. Fakt ist: Für die Zeit von September bis Dezember 2001 hat Wellinghausen insgesamt 60 000 Mark von der Isar Klinik II AG erhalten. Das geht aus dem von ihm unterschriebenen Jahresabschluss hervor. Für 2002 gibt es eine solche Bilanz noch nicht. Kahlenberg bestätigte, dass ein solcher Jahresabschluss dem Aufsichtsrat noch nicht vorgelegt worden sei. Der emeritierte Hamburger Professor für Revision und Treuhandwesen Wilhelm Strobel sagt: "Wenn Herr Wellinghausen im Juni 2002 den Jahresabschluss unterschreibt, ist er tätig für das Unternehmen. Diese Unterschrift ist entscheidend und rechtswirksam für Aufsichtsrat und Hauptversammlung." Ob er Geld erhalten habe oder nicht, sei unerheblich. Laut Beamtenrecht ist jede Tätigkeit in Unternehmen meldepflichtig - und Wellinghausen hatte nichts gemeldet. Der Staatsrat war bereits im vergangenen Monat in Bedrängnis geraten, als das Abendblatt berichtet hatte, dass er bis Juni 2003 monatlich 4600 Euro von einer Radiologenpraxis erhalten hat. Da hatte auf dem Überweisungsträger gestanden: "Honorar Geschäftsführung". Wellinghausen hatte dies als nachträgliche Zahlung für bereits früher geleistete Tätigkeiten als Anwalt deklariert. Zurzeit ist Staatsrat Walter Wellinghausen im Urlaub und nach Angaben von Behördensprecher Marc März (33) zurzeit nicht erreichbar. März wollte die neuen Vorwürfe nicht kommentieren.