Reedereien unter Druck. Im Kampf gegen den Terror müssen sie Millionen ausgeben.

Hamburgs Reedereien stehen unter Zeitdruck. Ein neuer internationaler Sicherheitskodex fordert die Ausbildung von rund 2000 Sicherheitsoffizieren - und das bis zum 1. Juli 2004. Der Grund ist die Angst vor Terroranschlägen auf See oder im Hafen. Die Klassifikationsgesellschaft Germanischer Lloyd hat schon mit der Ausbildung begonnen, das Fortbildungszentrum Hafen Hamburg (FZH) bildet in Zusammenarbeit mit dem Zoll und der Sicherheitsfirma STI ab Mitte Juni aus. "Jetzt muss es alles sehr schnell gehen, denn Schiffe, die ab Juli 2004 den internationalen Sicherheitsanforderungen nicht genügen, können gleich in Hamburg bleiben", sagt Dietrich Dabels (43) vom Verband Deutscher Reeder (VDR). Die UNO-Schifffahrtsorganisation IMO hat im Dezember vergangenen Jahres den International Ship and Port Security Code verabschiedet (ISPS-Code) - einen verbindlichen, weltweiten Sicherheitskodex, der den Seeverkehr vor Terrorangriffen schützen soll. Danach müssen Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von mehr als 500, die im internationalen Verkehr eingesetzt werden, so genannte Ship Security Officer an Bord haben. Hinzu kommen Sicherheitsexperten für jede Reederei und jeden Hafenbetrieb. Diese sollen Schwachstellen aufspüren, Gefahren abwehren, Sicherheitspläne erstellen und Maßnahmen zur Verhinderung von Terroranschlägen veranlassen. Zudem muss jedes Schiff ein Sicherheitssystem einführen und das mit einem Plan dokumentieren. Dietrich Dabels rechnet mit rund 55 Millionen Euro, die die deutschen Reeder bis zum Juli 2004 in die Sicherheitsstandards investieren müssen. "Die Hamburger Reedereien haben daran einen Anteil von rund 65 Prozent", so Dabels. Für Sven Stohn (30), Sicherheitsberater von der Firma STI, ist die Verordnung ein längst notwendiger Schritt: "Zurzeit kann jeder unkontrolliert die Schiffe im Hafen betreten. Wenn man sich vor Terroranschlägen schützen will, darf das aber nicht sein." Er erinnert an den Anschlag auf den französischen Tanker "Limburg" im Oktober vergangenen Jahres vor der Küste des Jemen. Eine Bedrohung für Hamburg wäre zum Beispiel, wenn es gelänge, einen Tanker in der Elbe quer zu legen und mit einer Bombe zum Sinken zu bringen. "Dann wäre der Hafen für ein halbes Jahr vom Handel abgeschnitten", so Stohn. Bis zum Juli 2004 muss die internationale Verordnung auch in deutsches Recht umgesetzt worden sein. Damit beschäftigt sich der Bund-Länder-Ausschuss Maritime Sicherheit. Dieser hat in der vergangenen Woche schon vorab ein Verfahren zur Aus- und Fortbildung von Beauftragten zur Gefahrenabwehr festgelegt. "Hätten wir damit gewartet, bis das rechtlich durch ist, wäre nicht mehr genug Zeit für die Ausbildung geblieben", erklärt Dietrich Dabels vom VDR. Denn viele der Offiziere seien mehrere Monate auf See. Ähnlich sieht das auch Henning Scharringhausen (46), Geschäftsführer des FZH: "Da kommt eine riesige logistische Herausforderung auf die Seeschifffahrt zu." Die formale Bestätigung über die Ausbildungsrichtlinien werde am 6. Juni in London erfolgen, so Dabels. Wenn es später auch nationale rechtliche Grundlagen gibt, ist auch ein Zertifikat für die Security Officer vorgesehen. "Wer dann bereits eine Ausbildung mit den notwendigen Standards gemacht hat, bekommt nachträglich eines", erklärt Peter Ehlers (59), Präsident des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie. Sven Stohn hofft auf eine baldige Lösung der Rechtslage, denn von der Sicherheitsbranche werde im nächsten Jahr viel erwartet. "Unsere Ausbildung wird vor allem praxisorientiert sein." Auf dem Gelände des FZH stehe ein nachgebautes Schiff, dort müssen sich die künftigen Sicherheitsoffiziere mit simulierten Bombendrohungen, Anschlägen sowie Kidnappings auseinander setzen. Bis Juli 2004 muss die internationale Verordnung auch in deutsches Recht umgesetzt werden.