Geplatzt: Abkommen sollte Kooperation zum Beispiel bei Sozialarbeit, Kindergärten und Finanzen regeln.

Dem Klima zwischen dem Hamburger Senat und der Nordelbischen Kirche droht eine empfindliche Abkühlung. Nach monatelangen Vorarbeiten ist der Abschluss eines Staatskirchenvertrags, der das Miteinander zwischen Stadt und Kirche auf eine rechtliche Grundlage stellen sollte, überraschend geplatzt. Hamburg ist das letzte Bundesland ohne ein solches Abkommen, das etwa Fragen des Religionsunterrichts oder der Seelsorge in Kliniken regelt. Nach Informationen des Abendblattes hat die Schill-Partei das Vorhaben zu Fall gebracht. Innensenator Ronald Schill (44) begründete die Ablehnung seiner Partei mit diesen Worten: "Ein Hamburger kniet vor niemandem nieder, auch nicht vor der Kirche. Wer einen Vertrag schließt, verpflichtet sich zu etwas, er unterwirft sich." Schill verwies auf das Deckengemälde im Großen Festsaal des Rathauses, "wo der Hamburger wegretuschiert wurde, der ursprünglich vor Bischof Ansgar kniete". Zudem wäre der Vertrag höchstens von symbolischer Bedeutung gewesen, die Zusammenarbeit mit der Kirche funktioniere auch so. In der Hamburger Bischofskanzlei war die Überraschung über die Absage des Senats und Schills Begründung groß. "Dieser Vertrag sollte zwischen Partnern abgeschlossen werden, die sich auf Augenhöhe begegnen - von Niederknien kann keine Rede sein", sagte Elisabeth Chowaniec (48), landeskirchliche Beauftragte bei Bürgerschaft und Senat. Ein Staatskirchenvertrag sei gerade Ausdruck der Trennung von Staat und Kirche, die einer gegenseitigen Unterstützung Raum gebe. Auch Bischöfin Maria Jepsen (58) zeigte sich enttäuscht. Der Senat habe die Kirche im Sommer ermutigt, einen Vertragsentwurf vorzulegen. Es sei schwer zu verstehen, dass Hamburg der größten Religionsgemeinschaft Vereinbarungen verweigere, solche aber mit dem katholischen Erzbistum und der jüdischen Gemeinde getroffen habe. Hamburg sei "bundesrepublikanisches Schlusslicht". In den neuen Bundesländern wurden nach der Wende Kirchenverträge abgeschlossen, und zuletzt im Mai 2002 auch in Bremen. Schützenhilfe kam vom Vertreter des Erzbistums beim Senat, Peter Laschinski. Er bedauere die Entwicklung "in höchstem Maße". Ein Vertrag sei sinnvoll, weil er Rechtssicherheit bringe und es nicht dem heutigen Stand entspreche, "diese Dinge per Handschlag zu regeln". Das Verhältnis zwischen Schill-Partei und Kirchenspitze gilt als gespannt. Es sei kein Geheimnis, dass seine Partei Probleme mit der Bischöfin habe, sagte Schill-Fraktionschef Norbert Frühauf (44), "aber wir machen ja auch keine Politik für die Kirchenführer." CDU-Fraktionschef Michael Freytag (44) bestritt die Notwendigkeit eines Vertrages: "Die Senate haben traditionell gefestigte überparteiliche Beziehungen zu den Kirchen. Hierzu bedurfte es zu keiner Zeit formeller Verträge." Einen anderen Akzent setzte FDP-Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen (43): "Wenn ein Staatskirchenvertrag für Stadt und Bürger einen Nutzen bringt, dann sollte darüber nachgedacht werden." Staatsrat Volkmar Schön, der die Verhandlungen mit der Kirche führte, bemühte sich um Schadensbegrenzung. Die Pläne hätten keine Mehrheit in der Koalition gefunden, deswegen sei der Senat nicht mehr mit dem Thema befasst worden. Schön: "Wir hoffen und wir wünschen uns aber, dass diese Entscheidung keine negativen Auswirkungen hat."