Hausbesuch bei den Männern, die jetzt in Mohammed Attas Wohnung leben.

Irgendwie ist es eine besondere Nachricht an dem Tag, an dem das Urteil gegen einen der mutmaßlichen Mittäter vom Terrorakt am 11. September 2001 in Hamburg gefällt wird. Die Wohnung, von der aus Top-Terrorist Mohammed Atta die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon vorbereitete, ist wieder vermietet. Mehr als ein Jahr lang stand die Wohnung an der Marienstraße 54, erster Stock links, in Harburg leer. Seit dem 18. November 2002 lebt wieder jemand an dem Ort, der wie kein anderer die Verbindung zwischen einem der entsetzlichsten Verbrechen der jüngsten Vergangenheit mit mehr als 3000 Todesopfern und der Stadt Hamburg symbolisierte. Andreas Schwarz (22) und Dennis Breitsprecher (27) heißen die beiden jungen Männer, die es gewagt haben. Dutzende hatten vorher bei Makler Thorsten Albrecht (35) abgesagt. Und warum haben sie es getan? Antworten bei einem Hausbesuch. Vor der Tür liegt eine blaue Fußmatte mit gelben Blumen. "Die braune, die Atta zurückgelassen hat, liegt jetzt auf dem Speicher", sagt Dennis Breitsprecher, der die Tür zur Dreizimmerwohnung öffnet. Der Flur hell und freundlich. Links das Zimmer von Breitsprecher, rechts das von Schwarz. Überall neu verlegter Laminatboden. Im gemeinsamen Wohnzimmer eine braune Couch, ein brauner Sessel, ein Regal, ein Schreibtisch. Und warum sind sie nun hier eingezogen? Die Antwort gibt Andreas Schwarz: "Wir haben monatelang nach einer bezahlbaren Wohnung gesucht. Da hat ein Bekannter gesagt, guckt euch doch mal die an der Marienstraße 54 an. Das haben wir dann gemacht, als gerade die Kunstaktion hier lief. Und die Wohnung gefiel uns." Anschließend der Termin mit dem Makler. Die Miete günstig mit 473 Euro warm. Noch mal ein Besichtigungstermin. Dann die Entscheidung: "Zehn Minuten haben wir überlegt, dann haben wir Ja gesagt", sagt Dennis Breitsprecher. Unterschreiben, das wars. Die Wohnung Marienstraße 54 war wieder vermietet. Rückblende: Es war der 12. September 2001, kurz nach 18 Uhr, als die Marienstraße 54 in den Fokus der Weltöffentlichkeit rückte. Reporter entdecken, dass hier mindestens einer der Todespiloten von New York, Mohammed Atta, gewohnt hatte. Wenig später ist die Polizei da, sperrt alles ab. Dann die Gewissheit: Hier wurde gebetet, hier wurde das Böse geplant. Wie kommen die Nachmieter damit klar? "Die Wohnung kann doch nichts dafür", sagt Schwarz. Aber irgendwie werden die beiden doch immer wieder daran erinnert, wo sie wohnen. Da waren beim Einzug noch drei Briefe im Briefkasten. Adressiert an Mohammed Atta. Die haben sie zur Polizei gebracht. Und dann die Bekannten, die die Wohnung sehen wollten. "So viel Besuch haben wir noch nie gehabt", sagt Breitsprecher. Die Nachbarn waren da anders. "Die schauten nur mal kurz rein." Irgendwie ist es eben eine besondere Wohnung. Und dem wollen die beiden Rechnung tragen: "Wir wollen im Flur ein Bild aufhängen", sagt Breitsprecher, "von der New Yorker Skyline, wie sie vor den Terroranschlägen aussah - mit den Twintowers."(diz/hpyc)