CDU und Schill-Partei lehnen Teilnahme an bundesweiter Aktion ab, bevorzugen Gedenktafeln. SPD: “Beschämende Entscheidung“
Gibt es einen nachvollziehbaren Grund, die Verlegung so genannter "Stolpersteine" zum Gedenken an Naziopfer abzulehnen? Darüber ist in Bergedorf, wo mit dem KZ Neuengamme das größte Konzentrationslager Norddeutschlands gestanden hat, ein heftiger Streit unter den Bezirkspolitikern entbrannt. Hintergrund: CDU und Schill-Partei hatten es in der Bezirksversammlung abgelehnt, die bundesweite Aktion zu unterstützen. Es sei unwürdig, die Tafeln in Gehwege einzulassen und darauf "herumzutrampeln", so die Begründung. Die SPD: "Eine beschämende Entscheidung." Die zehn mal zehn Zentimeter großen "Stolpersteine" mit kleinen Messingtafeln, die an je ein Mordopfer erinnern, werden seit 1992 von dem Künstler Gunter Demnig (55) vor den ehemaligen Häusern Deportierter verlegt. Die Kosten von 75 Euro pro Stück tragen so genannte Steinpaten. Bundesweit erinnern heute 2300 dieser Steine an Naziopfer. 250 davon in Hamburg, aber keiner in Bergedorf. "Es ist eine Schande für Bergedorf. In keiner Stadt hat es eine so entschiedene Ablehnung gegeben. Im Gegenteil: Selbst in anderen Hamburger Bezirken ruft die CDU ausdrücklich dazu auf, sich an der Aktion zu beteiligen", kritisiert die SPD-Bezirksabgeordnete Christel Oldenburg (41). Sie hatte die Genehmigung für das Einlassen der Gedenksteine in Bergedorfs Gehwege in der Bezirksversammlung beantragt. Aber CDU und Schill beschlossen: Der Künstler Demnig möge doch Erinnerungstafeln an Hausfassaden befestigen. "Eine solche Tafel würde ich sofort spenden und anbringen. Es ist bösartig zu unterstellen, wir wollten nichts zur Erinnerung an die Opfer tun. Wir finden es aber unwürdig, dass auf den ,Stolpersteinen' rumgetrampelt wird", sagt CDU-Fraktionschef Norbert Reichelt (65). Schill-Fraktionschef Frank-Michael Bauer (62) wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe gesagt, es gebe zu viele Gedenkstätten. "Das "stimmt nicht." Im Übrigen wolle seine Fraktion Gedenken nicht verhindern, sondern "es nur anders machen". Bauer macht jedoch keinen Hehl daraus, dass er die Aktion für eine clevere "Geschäftsidee" des Künstlers hält. Die "Stolpersteine"-Entscheidung, befürchtet jetzt Ties Rabe (42), SPD-Kreisvorsitzender in Bergedorf und Hamburger Landesgeschäftsführer seiner Partei, wird das Image des Stadtteils, der erst vor wenigen Jahren als Aufmarschgebiet von Rechtsextremisten Schlagzeilen gemacht hatte, erneut schädigen. "Viele Menschen haben hart gearbeitet, den Ruf zu verbessern. Meine Sorge ist, dass Bergedorf nun wieder als ein Sammelbecken für Rückwärtsgewandte gelten könnte."