Politik darf sich beim sozialen Wohnungsbau nicht allein auf Zusagen verlassen
Oft ist es ein Zauberwort, um Widerstände der Politik zu brechen, Bürgerproteste kleinlaut zu machen - oder mit der Stadt einfach nur mehr aushandeln zu können: Immer wenn bei einem umstrittenen Bauprojekt in Hamburg auch Sozialwohnungen mit in der Planung sind, werden Politik und Verwaltung sanftmütiger mit Investoren. Aus gutem Grund: Noch vor einigen Jahrzehnten gab es rund 400 000 solcher geförderter Wohnungen in der Stadt, mittlerweile ist der Bestand auf etwa 100 000 abgerutscht. Doch nach Schätzungen des Mietervereins sind fast 40 Prozent der rund 970 000 Haushalte in Hamburg so klamm, dass sie berechtigt wären, eine Sozialwohnung zu beziehen.
Das Versprechen, Sozialwohnungen zu bauen, öffnet daher schnell Türen und beflügelt eine rasche Baugenehmigung durch die Bezirke. Ärgerlich ist es aber, wenn ein solches Versprechen dann am Ende nicht eingehalten wird - wie offenbar gerade in zwei aktuellen Fällen in Hamburg geschehen. Eigentümer kündigten lautstark den Bau von Sozialwohnungen an, nach der Genehmigung durch die Behörden gingen sie dann doch mit teuren Eigentumswohnungen auf den Markt.
Für Bezirke muss daher künftig ganz klar gelten: Vertrauen ist gut, Verträge sind besser. Denn in der Regel planen Investoren im Wachstumsmarkt Hamburg gerne mit mehr Quadratmetern, als die gültigen Bebauungspläne hergeben. Grundstückspreise klettern ebenfalls in der Stadt. Je mehr Wohnungen auf einem Areal gebaut werden können, desto mehr relativieren sich deshalb die Ausgabenposten.
Bis zu 30 Prozent mehr Baufläche können Bezirke dann im Rahmen von Befreiungen gewähren - was manches Projekt deutlich wirtschaftlicher machen dürfte: sei es, dass ein, zwei Stockwerke zusätzlich erlaubt oder dass geltende Baugrenzen überschritten werden. Da wird oft viel im Hintergrund gefeilscht. Befreiungen von Bebauungsplänen gelten in Hamburg mittlerweile schon eher als Regel denn als Ausnahme.
Umso wichtiger ist es, dass sich die Bezirke mit Verträgen absichern, damit Versprechungen - wie eben der Bau von Sozialwohnungen - auch eingehalten werden. Selbst die Entwicklung von Mietpreisen ließe sich so vertraglich regeln. Sobald eine Änderung des Planrechts ansteht oder sogar neues Planrecht geschaffen wird, haben Politik und Verwaltung eigentlich alle Zügel in der Hand, um die Entwicklung in ihrem Sinne zu steuern. Der Bezirk Altona geht da sogar noch einen Schritt weiter. In Hamburgs westlichstem Bezirk ist gerade eine Kontrollstelle geschaffen worden, die sich ganz speziell darum kümmert, ob Verträge hinterher auch eingehalten werden.
Etwas anderes ist es aber, wenn ein Investor streng nach gültigem Planrecht baut, es also keinen Grund für Verhandlungen gibt: Dann kann niemand vorschreiben, ob es Sozial- oder Eigentumswohnungen werden. Dann gibt es nur festgesetzte Grenzen für Größen und Höhen der Gebäude. Nun könnte man angesichts der Hamburger Wohnungsnot auf den Gedanken kommen, Eigentümer vorzuschreiben, was sie bauen dürfen und was nicht, also eine Art Pflicht zum Sozialwohnungsbau einzuführen. Doch das ließe sich mit dem Grundgesetz und dem Recht auf Eigentum kaum vereinbaren. Und eine solche Pflicht wäre auch kaum etwas anderes als eine Art Planwirtschaft.
Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist angespannt, doch so schlimm, dass man dafür ein ganzes Wirtschaftssystem umkrempeln muss, ist sie nicht. Mit städtebaulichen Verträgen gibt es eben ein ausreichend scharfes Instrument, um Versprechungen verpflichtend zu machen. Ansonsten gilt wie überall: Wer einmal gelogen hat, dem glaubt man nicht mehr. Mit anderen Worten: Wer mit falschen Versprechungen arbeitet, darf damit kein zweites Mal durchkommen.