Konkurrenz aus Asien zwingt Branche, neue Wege zu suchen. 2011 wurden nur 31 Schiffe gebaut, teilte der Schiffbau-Verband in Hamburg mit.

Hamburg. Die deutschen Werften wollen künftig vor allem von den Trends zum Umweltschutz sowie dem Aufbau von Offshore-Windkraft-Anlagen auf See profitieren. „Das sind Themen, die dem Schiffbau neue Möglichkeiten wie etwa den Bau von Errichter- und Versorgungsschiffen für die Offshore-Projekte eröffnen“, sagte Werner Lundt, der Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM), in Hamburg. Aufgrund der scharfen Konkurrenz aus Asien konzentriert sich die Branche inzwischen weitgehend auf den Bau von Spezialschiffen. Die Zurückhaltung der Banken bei der Finanzierung von Neubauten hält aber an. „Wir sind noch nicht aus der Krise heraus“, sagte Lundt. Für 2012 rechnet er immerhin damit, dass sich die Lage nicht verschlechtert.

Insgesamt wurden 2011 nur noch 31 Schiffe mit einer Größe von 442000 Neubautonnen (cgt) (Vorjahr: 49 Schiffe mit 975000 cgt) abgeliefert. Ihr Wert hat sich gegenüber 2010 mit zwei Milliarden Euro mehr als halbiert. Weil aber 28 neue Aufträge für rund drei Milliarden Euro hereingenommen werden konnten, erhöhte sich der Auftragsbestand von 7,4 auf 8,4 Milliarden Euro. Rein rechnerisch ist die Branche damit für zwei Jahre ausgelastet. „Die Situation der Werften ist aber unterschiedlich. Manche haben deutlich länger Arbeit für ihre Belegschaften, andere müssen rasch neue Aufträge hereinholen“, sagte Lundt. Fast 90 Prozent der in Deutschland bestellten Neubauten sind Passagierschiffe, Yachten und andere Spezialschiffe wie etwa für die Offshore-Windindustrie. Mehr als 90 Prozent der Aufträge kommen aus dem Ausland.

Für die Werften, die sich auf Reparaturen und Umbauten spezialisiert haben, sieht Lundt nun neue Chancen durch den Einbau von Schwefelfiltern für Schiffe, die auf Nord- und Ostsee unterwegs sind. Sie sollen den Ausstoß der Schwefelgase auf ein Niveau verringern, das dem Einsatz von Treibstoff mit 0,1 Prozent statt derzeit 1,5 Prozent Schwefel entspricht. Den neuen Wert, der ab 2015 gilt, hat die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO im Jahr 2008 festgelegt. „Darin wird sich nichts ändern“, sagte Lundt. Daher werde es jetzt Zeit, die Schiffe umzurüsten. Bisher aber zögerten viele Reeder, weil sie vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage Investitionen scheuten. „Wenn aber alle auf den letzten Drücker reagieren, könnte es eng werden“, sagte der VSM-Hauptgeschäftsführer. Er rechnet für den Einbau der Anlagen mit einer Werftzeit von zwei bis drei Wochen. Der Preis dürfte je nach Schiffstyp zwischen einer und fünf Millionen Euro liegen. „Technische Lösungen bei den Filtern gibt es“, sagte Lundt. „Sie werden seit ein bis zwei Jahren auch für die Seefahrt angeboten.“

Beim Verband steht jetzt ein Generationswechsel in der Führung an. So trat bei der Mitgliederversammlung der Vorsitzer Werner Lüken aus Altersgründen nicht mehr zur Wahl an. Nachfolger ist Harald Johannes Fassmer, 48, einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Fassmer Werft in Berne bei Bremen. Zum 31. Januar 2013 geht auch Lundt in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird Reinhard Lüken, 43, der bisherige Generalsekretär des europäischen Werftenverbandes Cesa in Brüssel.