Am Sonntag den 6. Mai wird der 64-Jährige in der Harburger St. Johanniskirche von Bischöfin Kirsten Fehrs in den Ruhestand verabschiedet.

Hamburg. Der Rücktritt von Bischöfin Maria Jepsen am 16. Juli 2010 verschaffte Jürgen F. Bollmann ein ungewöhnliches Amt: Für 16 Monate wurde der Propst in Hamburg-Harburg „Ständiger bischöflicher Vertreter“ und damit höchster evangelischer Repräsentant für Hamburg und Lübeck. Am Sonntag (6. Mai) wird der 64-Jährige in der Harburger St. Johanniskirche von Bischöfin Kirsten Fehrs in den Ruhestand verabschiedet.

Seit 1998 war Bollmann Stellvertreter von Bischöfin Jepsen. Offizielle Auftritte waren in dieser Zeit allerdings selten. Er sei jedoch immer auf unvorhergesehene Ereignisse gefasst gewesen, sagt er im Rückblick. Als Bischöfin Jepsen zurücktrat, war Bollmann mit seiner Frau gerade auf einer Radtour in Süddeutschland. Erst aus den Nachrichten habe er dann am Abend von seinem neuen Amt erfahren, erinnert er sich.

Bollmanns Weg an die Leitungsspitze der Nordelbischen Kirche ist eher ungewöhnlich. Nach dem Realschulabschluss absolvierte der gebürtige Hamburger eine kaufmännische Lehre in der Mineralölindustrie und leistete seinen Wehrdienst bei der Luftwaffe ab. Danach arbeitete er weiter als Kaufmann und machte sein Abitur an der Abendschule. Das Studium der Betriebswirtschaftslehre empfand er als unbefriedigend, und so widmete er sich mit Leidenschaft der Theologie.

Nach einer Zeit als Gemeindepastor in Hamburg-Harburg und Entwicklungsreferent im Nordelbischen Missionszentrum wurde Bollmann 1992 Propst im Kirchenkreis Harburg. Er war damit Nachfolger von Maria Jepsen, die damals zur weltweit ersten lutherischen Bischöfin gewählt wurde. In seine Amtszeit fiel unter anderem der Konflikt um die Landebahnverlängerung für Airbus in Neuenfelde, in dem er zwischen Obstbauern, Airbus und Senat vermittelte.

Schwerpunkt seiner Arbeit als Bischofsvertreter waren anfangs vor allem binnenkirchliche Probleme. Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 profilierte er sich jedoch als konsequenter Gegner der Atomtechnologie und warb bei Demonstrationen für alternative Energien. Seit 35 Jahren fühlt er sich der Anti-AKW-Bewegung verbunden.

Als Kirsten Fehrs das Amt der Bischöfin für Hamburg und Lübeck übernahm, wurde Bollmann wieder „normaler“ Stellvertreter. Zu seinen letzten Aufgaben gehörte die Suche nach einem Nachfolger für Fehrs als Pröpstin und St. Jacobi-Hauptpastorin. Die Wahl platzte jedoch, weil der einzige Kandidat keine Mehrheit fand.

Die handfeste Arbeit für Menschen in Not ist für Bollmann die Kernbotschaft des Evangeliums. Die gilt für die entwicklungspolitische Arbeit ebenso wie die soziale Stadtteilarbeit in Harburg. Der Vater von zwei erwachsenen Söhnen wird auch im Ruhestand ehrenamtlich Vorstandsvorsitzender des Ökumenezentrums der Nordkirche und Vizepräsident der Deutschen Seemannsmission (Bremen) bleiben.