Rosemarie Santjer hat mehr als nur einen Job. Die fröhliche Frau mit den rot gefärbten Haaren ist Hausbetreuerin, Wachfrau, Familienberaterin oder Seelsorgerin in einem. Und mit diesen Aufgaben alles andere als überfordert. "Das alles gehört für mich zu meiner Arbeit", sagt sie. "Für eine Mieterin bin ich nach dem Tod ihres Mannes zum Familienersatz geworden. Andere erzählen mir von ihrem Ehestreit. Und wenn Kinder geboren werden, erfahre ich es als Erste." Feierabend - dieses Wort kennt Santjer nur bedingt. Telefonate mit Mietern sind für sie auch von zu Hause aus eine Selbstverständlichkeit.
Die 62-Jährige ist Hausbetreuerin für die Saga/GWG auf St. Pauli. Jetzt ist ihr Job in Gefahr, weil die Bundesmittel für die Ein-Euro-Jobber, die in den Pförtnerlogen beschäftigt sind, gekürzt wurden. Ein Aus käme für sie einer Katastrophe gleich. Mehr als zwei Jahre lang hatte sie, gelernte Kauffrau in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, vorher arbeitslos zu Hause gesessen, Bewerbungen über Bewerbungen geschrieben. "Doch ich war anscheinend zu alt", sagt sie. Ein Kriterium, das bei ihrer Saga-Stelle keine Rolle spielt. Endlich habe sie eine sinnvolle Aufgabe gefunden und erlebe jeden Tag, wie sie gebraucht werde. "Wenn das jetzt alles zu Ende sein sollte, dann sitze ich wieder zu Hause, werde fernsehen und Bewerbungen schreiben." Und statt vieler Jobs keine einzige wichtige Aufgabe mehr haben.