Berti Vogts, Trainer des Grand-Prix-Siegerlandes, über die Freude und das Finale 2012 in Baku

Hamburg/Baku. Seit April 2008 betreut der ehemalige Bundestrainer Berti Vogts, 64, die Nationalmannschaft von Aserbaidschan. Den Triumph von Aserbaidschan beim Grand Prix erlebte Vogts in der Hauptstadt Baku mit.

Hamburger Abendblatt:

Herr Vogts, wie wurde in Baku der Sieg beim Eurovision Song Contest gefeiert?

Berti Vogts:

Hier war eine unglaubliche Stimmung, zu vergleichen mit den Siegesfeiern bei der Weltmeisterschaft 2006 für unsere Nationalmannschaft. Da durch die Zeitverschiebung die Übertragung erst um 3 Uhr morgens endete, wurde die ganze Nacht durchgefeiert. Mit Autokorso, Hupkonzerten und allem Drum und Dran. In jeder Bar, in jedem Restaurant lief der Fernseher. Die Menschen hier gucken solche Ereignisse in der Regel nicht daheim. Die suchen das Gemeinschaftserlebnis.

Was bedeutet dieser Sieg für Aserbaidschan?

Vogts:

Ganz viel. Aserbaidschan ist ein kleines Land. Umso größer ist der Stolz. Die Menschen hier sind sehr selbstbewusst. Als wir hier das EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei im Oktober 2010 überraschend mit 1:0 gewonnen haben, hieß es schon, jetzt fahren wir zur EM. So ist hier nun mal die Erwartungshaltung.

Was ziemlich unrealistisch ist.

Vogts:

Natürlich. Wir haben realistisch gesehen auch am 7. Juni gegen Deutschland keine Chance. Im Schach wäre Aserbaidschan sicher besser, aber Fußball steht hier in der Wertigkeit hinter Ringen. Wir leisten hier echte Aufbauarbeit.

Zurück zur Musik. Kann Aserbaidschan wirklich ein so großes Ereignis wie den Eurovision Song Contest 2011 organisieren?

Vogts:

Aber selbstverständlich. Die Infrastruktur ist auf jeden Fall vorhanden. West-Europäer sind regelmäßig überrascht, wenn sie Baku das erste Mal besuchen. Die Stadt am Kaspischen Meer ist wunderschön, hat südländisches Flair. Das Land hat enorme Rohstoffe und einen sehr ehrgeizigen Präsidenten. Hier hat sich in den vergangenen Jahren sehr viel getan, gerade auch im Straßenbau.

Aber es gibt auch politische Probleme mit den Nachbarn.

Vogts:

Vor allem mit Armenien, das mehrere Gebiete, die eigentlich zu Aserbaidschan gehören, militärisch kontrolliert. Deshalb hoffe ich auch sehr, dass Aserbaidschan durch den großen Wettbewerb im kommenden Jahr internationale Anerkennung erfährt. Die Menschen hier haben es sich verdient. Die sind so gastfreundlich.

Wie hat Ihnen das Lied eigentlich persönlich gefallen?

Vogts:

Es ist nicht unbedingt mein Musikstil. Aber ich fand den Auftritt insgesamt richtig gut.