Wenn man so will, kann man das Urteil zur Sicherungsverwahrung als Zumutung bezeichnen. Es mutet Gerichten und Polizeibehörden zu, sich mit Hunderten von Urteilen und Hochkriminellen neu befassen zu müssen. Vor allem aber mutet es Bürgern zu, sich Sorgen zu machen, ob demnächst zahlreiche gefährliche Straftäter freigelassen werden.
Doch Karlsruhe handelt nicht im luftleeren Raum: Es lässt den Gerichten Zeit, jeden Fall von Sicherungsverwahrung noch mal zu überprüfen. Und es gibt Gründe für diese Entscheidung. Da ist zunächst das Prinzip, dass im Rechtsstaat Menschen nur nach einer Straftat und einem Gerichtsurteil für eine fest bemessene Zeit eingesperrt werden dürfen. Das stößt sich aber an der bis Anfang 2011 vollzogenen Praxis, den Freiheitsentzug lediglich aufgrund von Gutachten zu verlängern.
Dieses Wegsperren lässt sich nur rechtfertigen, wenn man sich absolut sicher ist, dass der Eingesperrte in Freiheit wieder schwere Gewalttaten begehen wird. Genau das fordern jetzt die Richter und hinterfragen nun kritischer diese Vorhersagen. Und stellen einen weiteren Punkt heraus: Wenn man schon jemanden hinter Gittern behält, obwohl er seine gesetzliche Strafe schon abgesessen hat, dann muss man ihm zumindest die Hoffnung auf die Freiheit wiedergeben und sich tatsächlich um seine Therapie bemühen. Das hat die deutsche Justiz bislang versäumt.