Sage noch mal einer, Kino sei Popcorn. In Cannes, bei den weltweit wichtigsten Filmfestspielen, ist Kino Kunst. Und harte Arbeit. Hier dürfen nur diejenige um die Goldene Palme ringen, die durch die harte Regieschule der Filmgeschichte gegangen sind und frei sind von jeglichem Kommerzverdacht. Mike Leigh, Bertrand Tavernier, Ken Loach, Abbas Kiarostami etwa. Das ist an der Croisette anders als auf der Berlinale, wo Dieter Kosslick ja öfter mal ein Auge zudrückt im Sinne des Boulevards. Besser Stars in einem schlechten Film als gar keine Stars.
Das hat Cannes nicht nötig. Der künstlerische Leiter Thierry Frémaux schüttelt lieber noch einen Exoten wie den Thailänder Apichatpong Weerasethakul aus dem Ärmel, der sich zum Liebling der Kritiker entwickelt hat. Wohl wissend, dass sie trotzdem alle mit den Yachten vorfahren werden, die Claudia Schiffers und Eva Longorias dieser Welt. Cannes hat es geschafft, sein Programm nicht zu verwässern, es im Gegenteil sogar stärker zu politisieren. Dieses Mal rührt der Wettbewerbsbeitrag "Hors-la-loi" an der größten unverheilten Wunde der Franzosen, dem Algerienkrieg. Für Kontroversen war Cannes schon immer gut.
Und ein bisschen Popcorn-Kino gibt es doch: Zur Eröffnung stellen Russell Crowe und Cate Blanchett "Robin Hood" vor, Oliver Stone präsentiert "Wall Street 2", und Woody Allen darf auch wieder ran. Danach ist aber wirklich Schluss mit lustig.