Dr. Eckard Pahlke ist der Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg.
Hamburger Abendblatt:
1. Hamburgs Mieten sind bei Neuvermietungen von 2009 bis 2010 im Durchschnitt nur um 1,5 Prozent gestiegen. Ist das eine gute Nachricht?
Eckard Pahlke
Nicht unbedingt. Sie bedeutet, dass die Mieten lediglich abgeflacht weiter gestiegen sind. Auf die vergangenen fünf Jahre verteilt sind die Mieten um jährlich vier Prozent gestiegen. Das ist die schlechte Nachricht.
2. Wie wirkt sich das auf die Stadt, die Stadtteile und auf Hamburgs Mieter aus?
Die Mieten steigen, das Zahlungsvermögen der Bürger sinkt dagegen. Bei Durchschnittsmieten über zehn Euro pro Quadratmeter kann sich der Normalverdiener kaum eine Wohnung leisten. Das bedeutet für unsere Stadt: Für viele Leute ist ein Umzug in eine größere oder schönere Wohnung oder in einen anderen Stadtteil finanziell nicht tragbar.
3. In traditionellen Altbau-Stadtteilen wie Rotherbaum, Winterhude oder Eimsbüttel sind die Kaltmieten in einem Jahr um zehn Prozent gestiegen. Welche Konsequenzen hat das?
Der Trend, dass sich nur noch die Besserverdienenden diese Stadtteile leisten können, wird sich verstärken. Die finanziell Schwachen bleiben auf der Strecke. Das ist keine gute Entwicklung.
4. Sind von diesem Trend auch die sogenannten Mode-Stadtteile wie das Schanzenviertel, St. Georg oder inzwischen auch St. Pauli betroffen?
Ja. Es ist zwar zu begrüßen, dass diese Stadtteile durch das wachsende Interesse aufgewertet werden. Andererseits steigen dadurch die Mieten stark an, ein Teil der Wohnungen wird in Eigentum umgewandelt. Das verdrängt die alteingesessenen Wohnungsmieter und auch Gewerbetreibende. Der Charme dieser Szenestadtteile droht verloren zu gehen. Das tut den Stadtteilen aus meiner Sicht nicht gut.
5. Ein Grund für ständig steigende Mieten ist die große Nachfrage nach Wohnraum in der wachsenden Stadt Hamburg. Gleichzeitig explodieren die Nebenkosten. Wie muss Ihrer Meinung nach Hamburg reagieren?
Es müssen mehr Wohnungen gebaut werden. Derzeit sind es nur circa 3000 pro Jahr. Das ist entschieden zu wenig. In Hamburg müssen jährlich 8000 neue Wohnungen geschaffen werden, davon mindestens 2000 Sozialwohnungen mit moderaten Mieten. Nur so kann man die steigende Wohnungsnachfrage befriedigen und damit auch den Mietenanstieg begrenzen. Der Anstieg der "zweiten Miete", der Betriebs- und Heizkosten, ist ein Kapitel für sich. Hier muss die Stadt bei den kommunalen Gebühren maßhalten, die Heizkosten sind durch energetische Haussanierungen, die die Mieter ja mitbezahlen, in Grenzen zu halten