Europa steht am Schuldenabgrund. Alle Euro-Länder werden in diesem Jahr gegen den Stabilitätspakt verstoßen, der ein maximales Haushaltsdefizit von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vorschreibt. Die Schuldenberge wachsen zugleich im Schnitt auf 80 Prozent des BIP, obwohl laut Vertrag nur 60 Prozent erlaubt sind. Doch schnelle Konsequenzen aus dieser dramatischen Entwicklung folgen keine. Stattdessen gibt es von der EU-Kommission und den nationalen Regierungen Durchhalteparolen und leere Versprechen.
Über Jahre haben die Staaten beim Berechnen ihrer Schulden gelogen und betrogen. Schattenhaushalte wurden gebildet, Goldreserven zum Aufhübschen katastrophaler Bilanzen verkauft und sogar Statistiken gefälscht. Die Griechen haben es am schlimmsten getrieben, aber sie alleine als unseriöse Schuldenmacher hinzustellen ist grotesk. Nahezu jedes Euro-Land hätte in den vergangenen Jahren zig blaue Briefe aus Brüssel verdient gehabt.
Die Regierungen machen seit Jahrzehnten immer den gleichen Fehler. In wirtschaftlich besseren Zeiten fahren sie angehäufte Schulden nicht zurück, sondern bauen die Haushaltsdefizite sogar noch aus. Angst vor Wahlniederlagen führen zu diesem fatalen Verhalten.
Das Volk wird beschenkt, obwohl gar kein Geld mehr für Präsente vorhanden ist. Aber der Tag der Abrechnung rückt näher. Denn die Schulden werden sich nicht in Luft auflösen. Harte Sparprogramme, hohe Inflationsraten oder sogar ein Währungsschnitt - so heißen die drei bitteren Alternativen für die Schuldenstaaten und ihre Einwohner.