Mit einem geschickten Schachzug haben Bernd Hoffmann und Katja Kraus ihren Kritikern den kräftig auffrischenden Wind aus den Segeln genommen. Auf Initiative des Vorstandsduos kamen kurzfristig acht Aufsichtsräte zusammen, um sich von Urs Siegenthaler dessen kurz- und mittelfristigen Pläne erklären zu lassen. Während der Sitzung wurde auch erörtert, dass der Schweizer nun doch in den Vorstand rücken soll, was dieser zunächst abgelehnt hatte. Man könnte gemeinerweise sagen: Das war die erste richtige Entscheidung beim HSV seit langer Zeit.
Bei den Kontrolleuren präsentierte sich Siegenthaler als großer Reformer, der den Verein grundlegend besser für die Zukunft aufstellen will. Gut so. Bei der Komplexität seiner künftigen Aufgaben stellt sich jedoch die Frage, wie nahe Siegenthaler in der kommenden Saison an der Profimannschaft sein wird. In den vergangenen Monaten kristallisierte es sich als folgenschwerer Fehler heraus, dass neben - oder über - dem allein gelassenen Bruno Labbadia kein Sportchef als Ratgeber fungierte, als Mitentscheider gerade in Krisenzeiten.
Wenn Siegenthaler dazu noch weiter - wie es vorgesehen ist - während der Länderspiele für den Deutschen Fußballbund aktiv ist, fehlt ihm womöglich wertvolle Zeit, wachsam zu sein und Strömungen innerhalb der Mannschaft rechtzeitig aufnehmen und sie treffend analysieren zu können. Denn merke: Beim HSV sind die Trainer der jüngsten Vergangenheit nicht am Fehlen eines langfristigen Konzepts gescheitert - sondern an kurzfristigem Misserfolg.