Hamburg. Der Abriss der Brauereigebäude verzögert sich. Consus lässt hohe Mietpreise durchsickern: Politik setzt klares Statement.

Der Mitarbeiter eines Sicherheitsunternehmens schiebt gerade das Tor zum ehemaligen Gelände der Holsten-Brauerei in Altona zu. Auf die Frage, ob auf dem Grundstück schon die Gebäude abgebrochen werden, antwortet er. „Nein, hier wird nichts abgerissen. Aber heute haben wir eine Polizeiübung auf dem Gelände.“

Eigentlich sollte mit den „Rückbauarbeiten“ auf dem Holsten-Areal im vergangenen Jahr begonnen werden. Eine Abrissgenehmigung für die Brauereigebäude hatte das Bezirksamt Altona bereits im Juni 2020 erteilt. Hier auf dem rund 86.000 Quadratmeter großen Areal plant die Consus Real Estate AG rund 1300 Wohnungen, Büros, Kitas, Gastronomie, Einzelhandel und ein Hotel. Aber seit Langem geht es bei diesem Prestigeprojekt nur ganz langsam voran.

Holsten-Areal: Abriss soll im Frühjahr beginnen

Immerhin, auf Abendblatt-Anfrage kündigte ein Consus-Sprecher an, dass im Frühjahr mit den Abrissarbeiten begonnen werden soll. Und die Aussage des Sprechers, dass „planmäßig bereits zum Ende des Jahres 2023/Anfang 2024“ die ersten Gebäude fertiggestellt sein sollen, dürfte bei Politik und dem Bezirk Altona für Kopfschütteln sorgen. Denn bislang wurde lediglich für das Baufeld 8 ein Architektenwettbewerb durchgeführt.

Dort soll ein Bürogebäude gebaut werden, in das die Verwaltung der Holsten-Brauerei, die temporär mit rund 150 Mitarbeitern in der Marzipanfabrik in Ottensen sitzt, einziehen soll. Aber wie ist der aktuelle Stand? Eigentlich war die Unterzeichnung des städtebaulichen Vertrags für das neue Holsten-Quartier zwischen dem Bezirksamt Altona und der Consus, der Grundlage für eine spätere Baugenehmigung ist, für Ende des zweiten Quartals 2021 geplant.

Klimaschutzthemen sind anspruchsvoller geworden

Das war der Stand im August vergangenen Jahres (wir berichteten). Doch darauf wollte sich Altonas Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) jetzt beim exklusiven Abendblatt-Gespräch nicht mehr festlegen. „Es gibt noch offene Punkte, die wir mit der Consus verhandeln. Erst danach kann der städtebauliche Vertrag abgeschlossen werden.“

Wobei es sich dabei handelt, wollte von Berg nicht explizit sagen. Dem Vernehmen nach dürfte einer der offenen Punkte sein, dass jetzt, wo die Grünen in Altona regieren, auch die Klimaschutzthemen bei dem Bauvorhaben noch anspruchsvoller geworden sind. Auch bei den Rahmendaten für das Community Center – das ein Treffpunkt für die Bürger werden soll – gibt es dem Vernehmen nach noch Gesprächsbedarf. Die Fläche für das Grundstück in der alten Brauanlage soll der Bauherr der Stadt unentgeltlich überlassen.

Team im Baudezernat kümmert sich nur um Holsten

Im Baudezernat arbeitet ein Team, das sich ausschließlich um das Holsten-Projekt kümmert. Baudezernent Johannes Gerdelmann sagte: „Parallel zum städtebaulichen Vertrag wird auch an einem Entwurf des Bebauungsplans gearbeitet. Dieser Entwurf wird dann gemeinsam mit einem unterschriftsreifen städtebaulichen Vertrag öffentlich für die Bürger ausgelegt.“ Das Problem: „Bevor nicht alle offenen Punkte zwischen dem Bezirk und dem Investor geklärt sind, kann das aber nicht passieren“, so Gerdelmann.

Der Bezirkspolitik geht es aktuell vor allem um die Mieten. Mit den geplanten 1300 Einheiten ist es das aktuell größte Neubauvorhaben im Bezirk Altona. Ein Drittelmix ist vorgeschrieben. Das heißt öffentlich geförderte Wohnungen, Eigentumswohnungen und frei finanzierte Mietwohnungen.

Geplante Mietpreise der Consus sorgen für Ärger

Gerüchten zufolge, hatte die Consus in Gesprächen mit dem Bezirk angekündigt, dafür Mieten um die 20 Euro pro Quadratmeter aufrufen zu wollen. Das sorgt offensichtlich für weiteren Ärger. Zumindest hat der Stadtplanungsausschuss der Bezirksversammlung Altona nach Abendblatt-Informationen bislang noch nicht die Auslobung für die Architektenwettbewerbe für zwei weitere „Baublöcke“ auf dem Holsten-Areal auf die Tagesordnung gesetzt.

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Denn die Politik erwartet offensichtlich auch für einen Teil der frei finanzieren Wohnungen sogenannte preisgedämpfte Mieten. CDU-Fraktionschef Sven Hielscher sagte dem Abendblatt: „Es gibt keinen erkennbaren Fortschritt, weil die Consus nicht auf die Forderungen der Politik eingeht, auf dem Areal auch im Mittelpreissegment Wohnraum zu schaffen.“ Hielscher spricht Klartext „Ich habe einen dicken Hals. Es ist mit diesen Investoren kein Miteinander möglich. Die Consus hat offensichtlich immer noch nicht realisiert, dass sie die Politik dafür braucht, um Baurecht zu schaffen. Noch ist hier nur eine Indus­triebebauung erlaubt.“

Politik will Einfluss auf die Mieten nehmen

Im Dezember vergangenen Jahres hatte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) dem Vernehmen nach Vertreter von Consus zu einem Gespräch gebeten. Auch Oberbaudirektor Franz-Josef Höing war anwesend. Dabei spielte das Thema Mieten eine Rolle. Dem Abendblatt sagte Stapelfeldt: „Auch für die frei finanzierten Mietwohnungen auf dem Holsten-Areal dürfen keine Mieten aufgerufen werden, die deutlich über dem liegen, was man aus dem hochpreisigen Segment in Hamburg gewohnt ist.“

Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt.
Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt. © Marcelo Hernandez

Der Consus-Sprecher sagte: „Hinsichtlich der beabsichtigten Mieten lassen sich im gegenwärtigen, noch sehr frühen Projektstadium keine Aussagen zu dem Mietniveau der frei finanzierten Wohnungen treffen.“

Senatorin bedauert Verzögerung des Bauvorhabens

Ansonsten ist Senatorin Stapelfeldt wenig glücklich darüber, dass es nur stockend vorangeht. „Es ist bekannt, dass hier der eigentliche Zeitplan bereits seit Längerem aus den Fugen geraten ist. Dass dieses Grundstück durch mehrere Weiterverkäufe zu einem Spekulationsobjekt geworden ist, ist natürlich nicht im Sinne der Stadt“, sagte Stapelfeldt dem Abendblatt.

Die Holsten-Brauerei hatte das Gelände bereits 2016 an die Gerch Group verkauft, die es später weiterveräußerte. Zunächst war die Rede von der Fertigstellung erster Gebäude im Jahre 2021. Das Bauvorhaben wurde dann von der SSN Group übernommen, die wiederum mehrheitlich an die Consus ging.