Hamburg . Nach einer Zeit als Bankkaufmann wurde Heinz Padell Pastor und Klinik-Seelsorger. Vielen hat er in schwerer Zeit beigestanden. Ein Nachruf.
Wenn Menschen sterben, die uns nah und lieb sind, dann erscheint es manchmal so, als würde sich alles verlangsamen, als liefe das Leben für eine Weile in Zeitlupe. Kein unangenehmes Gefühl. Nur so, als würde dies und das vorsichtig zurechtgerückt, als verblasse der schrill-schnelle Alltag plötzlich, und etwas Wesentliches schaffe sich für ein paar Stunden den Raum, der ihm gebührt.
In den vergangenen Tagen könnte es einigen Hamburgern so gegangenen sein. Denn mit Pastor Heinz Padell ist jetzt ein Mann gestorben, der vielen Menschen viel bedeutet haben dürfte. Als Krankenhausseelsorger im AK Altona hat der gebürtige Stader, der in Berlin aufwuchs, von 1993 bis 2009 mit tiefer und authentischer Empathie Kranke, Sterbende und Hinterbliebene in ihren schwersten Momenten begleitet.
Es gab kaum eine Stunde des Tages, in der er nicht für andere da war, wenn sein Zuspruch oder auch nur seine schweigende Anwesenheit gebraucht wurde – bei Gesprächen an Sterbebetten, bei Besuchen von Eltern, die ihre Kinder verloren hatten, oder in seinen leisen Gottesdiensten in der Kapelle des AK Altona.
Vom Bankkaufmann in Buenos Aires zum Seelsorger in Hamburg-Altona
Neben der Seelsorge engagierte sich Padell für das Xenia-Hospital in St. Petersburg und reiste viele Male in Hamburgs russische Partnerstadt, die ihm über die Jahre zu einer Art zweiter Heimat wurde. 2010 bekam er das Bundesverdienstkreuz. In der Begründung hieß es, sein Engagement gehe weit über jedes normale Maß hinaus.
Dabei machte es der Mann, der mit drei älteren Schwestern aufwuchs, keineswegs immer allen recht. Manchmal hat er für seinen Glauben auch Dinge getan, die nicht allen gefielen. Wie 2006 etwa, als er für die Haft-Entlassung eines todkranken Vergewaltigers zum Sterben kämpfte. Gnade und Barmherzigkeit stünden allen zu, so sein Credo. Der Abendblatt-Artikel über den Fall sorgte damals für große Debatten und wurde später mit einem Preis ausgezeichnet.
Kaum einer wusste, dass Heinz Padell seine berufliches Leben als Bankkaufmann begonnen und einige Jahre in Argentinien verbracht hatte. Als 29-Jähriger kehrte er aus der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires zurück und änderte sein Leben radikal, zog nach Hamburg und ließ sich zum Seelsorger ausbilden.
Er verschenkte Engel - und bekam selbst einen zum Abschied
„Heinz besaß die Gabe, Menschen wirklich zuzuhören und ihren Gefühlen Raum zu geben und Worte zu finden, die auch Menschen, die der Amtskirche skeptisch gegenüber stehen, erreichten und berührten“, sagt sein langjähriger Freund und Kollege, Pastor Dietrich Kreller. Schon 2001 schrieb eine Abendblattleserin in einem Brief an unsere Redaktion: „Gäbe es mehr so wunderbare Menschen wie Pastor Padell, dann wären wohl die Kirchen wieder voll.“
Bei all dem spielte Padells große Nahbarkeit wohl die wichtigste Rolle. Nicht nur im Schweigen und mit Worten umarmte er diejenigen, die sich in der Not ohnmächtig fühlten – er drückte sie bisweilen auch körperlich fest an sein Herz. Wenn er ging, hinterließ er oft einen kleinen Bronzeengel – als Zeichen dafür, dass der Mensch sich auch in größter Not beschützt wissen darf.
Heinz Padell ist am 24. Juni mit 73 Jahren gestorben. Er wurde in einem schlichten Grab auf dem Friedhof Altona beerdigt, das er sich noch ausgesucht hatte, als er von seiner schweren Krankheit erfuhr. Einen kleinen Engel, den Freunde ihm in seinen letzten Tagen schenkten, hat er für sich selbst mitgenommen.