Bestbesuchte Filiale der Republik. Das befürchtete Verkehrschaos blieb aber in den ersten Monaten nach der Eröffnung aus. Dennoch gibt es Ärger über eine neue Anwohnerparkzone.
Hamburg. Die Behörden in Hamburg hatten eigene Abbiegespuren für das neue Möbelhaus anlegen und eine besondere Ampelschaltung installieren lassen – wegen der befürchteten Verkehrsströme. Das Verwaltungsgericht kürzte Ikea in Altona sogar die geplante Öffnungszeit. Alles aus Sorge um die unzähligen Autos, die sich an der Großen Bergstraße rund um den Citystore ergeben könnten.
Doch auch fast drei Monate nach der Eröffnung dieser weltweit ersten Ikea-Filiale mitten in einer Fußgängerzone ist von einem Verkehrschaos, wie vielfach heraufbeschworen, nichts zu sehen. Selbst in Spitzenzeiten seien die Ikea-Parklätze nicht ausgelastet, heißt es bei Ikea Deutschland. Dabei hat das Haus in Altona gerade einmal 730 Plätze – rund 1400 weniger als andere Niederlassungen wie etwa in Schnelsen oder Moorfleet. Zufrieden mit ihrem 48. deutschen Möbelhaus ist man bei Ikea dennoch. „Altona hat sich zu unserem besucherstärksten Haus in Deutschland entwickelt“, sagt Ikea-Sprecherin Simone Settergren.
7000 bis 15.000 Kunden werden üblicherweise pro Tag in einem Ikea-Haus gezählt. In Altona kaufen hingegen seit der Eröffnung am 30. Juni jeden Tag zwischen 15.000 und 20.000 Besucher ein. Allerdings ist der durchschnittliche Pro-Kopf-Umsatz niedriger als in anderen Häusern. So gaben die Kunden in Altona zunächst im Durchschnitt 30 Euro pro Einkauf aus, inzwischen sei dieser Wert immerhin auf mehr als 40 Euro gestiegen, so Settergren. Aber er erreicht eben nicht den in den anderen Filialen üblichen Wert von durchschnittlich 80 Euro, den jeder Ikea-Kunde für Möbel und Dekoutensilien ausgibt.
Möbel wie Sofas oder Regale werden in der City-Filale in Altona offenbar noch wenig gekauft. Man werde aber daran arbeiten, die Kunden zu informieren, dass es auch in Altona das komplette Ikea-Angebot gebe, heißt es bei Ikea Deutschland
Aber darüber hinaus gehe das Konzept auf, wonach die Kunden des schwedischen Konzerns vor allem mit Bus und Bahn in die Große Bergstraße kommen und sich größere Einkäufe durch Möbeltaxis oder gar Lastenräder nach Hause liefern lassen. „Unsere Lieferangebote werden gut angenommen“, sagt Ikea-Sprecherin Settergren.
Nicht immer aber ist Ikea mit Innenstadtkonzepten erfolgreich. Auch in Essen gibt es eine Filiale, die innenstadtnah liegt. Der Zuspruch durch Kunden ist dort aber wohl eher mager, sodass Ikea bereits einen neuen Standort sucht. In der Großen Bergstraße in Altona hingegen befindet sich das Haus nah am Bahnhof mit fünf S-Bahn- und 15 Buslinien. Die starke Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs sei hier ein „Großstadtphänomen“, wie die Ikea-Sprecherin sagt. Es sei dort eben normal, kein Auto zu benutzen. „Ein idealer Standort“, sagt die Ikea-Sprecherin. Und einer, der sich an anderer Stelle wohl nicht so schnell finden lässt. Eine weitere Citystore-Filiale sei derzeit nicht in Planung.
Während das Verkehrschaos rund um Ikea in Altona offensichtlich ausbleibt, haben die unmittelbaren Anwohner aber dennoch mit der Verkehrsplanung zu kämpfen. Zur Eröffnung hatten Innen- und Verkehrsbehörde dort hastig eine Anwohnerparkzone ausgewiesen. Damit wollte man verhindern, dass Ikea-Kunden die Straßen zuparken, das Parken ist nun kostenpflichtig. Anwohner bekommen hingegen für 30 Euro einen speziellen Ausweis, der ihnen das Parken vor der Haustür erlaubt. Die Umsetzung sei aber völlig „unsinnig und fehlerhaft“, kritisiert der Altonaer Bezirkspolitiker Tim Schmuckall (CDU).
So bekamen Anwohner der Fußgängerzone keinen Ausweis für die Straßen, in denen sie sonst parken – weil sie nicht als direkte Anwohner gelten. Auch Handwerker und Geschäftsleute mit Sitz in der Sonderzone erhielten keinen Ausweis – mussten aber für den erfolglosen Antrag mehr als 100 Euro zahlen. Zudem ist die ausgewiesen Parkzone äußerst schmal. Straßen außerhalb sind nun völlig zu geparkt, während es innerhalb der Zone wohl reichlich freie Plätze gibt. In etlichen E-Mails an die Bezirkspolitiker in Altona machten Anwohner ihrem Ärger Luft. „Völliger Murks und jetzt auch unnötig, weil es durch Ikea gar kein Problem gibt“, sagt auch CDU-Politiker Schmuckall, dessen Kritik von vielen Altonaer Politikern geteilt wird. Geschlossen forderte die Bezirksversammlung daher eine Aussetzung der Ikea-Sonderparkzone in Altona. Doch die Behörden bleiben offenbar stur und halten zunächst trotz aller Proteste und ausbleibender Chaos-Szenarien daran fest. Man befinde sich noch in der Abstimmung, so heißt es bei der Hamburger Verkehrsbehörde zu der Situation.